Marcel Schliebs

Studierende des Bachelorstudiengangs Politics, Administration & International Relations | PAIR

Widmet sich in seinem PAIR-Studium der Anwendung mathematischer und statistischer Methoden auf eine Vielfalt politikwissenschaftlicher Fragestellungen

Wer bist Du in der Länge eines Tweets?

Ich bin Marcel, Nachwuchsforscher, Vollblutwissenschaftler und an der ZU Serientutor vom Dienst. Als Politologe, Teilzeitmathematiker und Hobbydiplomat widme ich mich Themen von Wahlprognosen über Neuroepidemiologie bis hin zu Machine Learning und Atomwaffensperrverträgen. Nerd halt.

PAIR-Studierender Marcel Schliebs | Foto: Lena Reiner


Was ist für Dich das Besondere am PAIR-Studium?


Im Grunde genommen sind alle Herausforderungen, die unsere Gesellschaft heute beschäftigen, unmittelbar politisch: Ob die Wahlerfolge der AfD, der Fall Maaßen oder der Krieg in Syrien:


Man kann sich kaum ein wichtiges Problem der heutigen Zeit vorstellen, dessen Haupt- oder zumindest Nebenimplikationen nicht politischer Natur wären. Das gilt nicht nur für solch aktuelle Probleme, sondern auch für die Herausforderungen auf dem Weg in die Zukunft, wobei Themen wie Verteilungsgerechtigkeit und die Zukunft des Sozialstaats, die Digitalisierung und Modernisierung der Verwaltung oder der Brexit und die Zukunft Europas allesamt den Bereichen Politics, Administration & International Relations zuzuordnen sind.


Mit all jenen Fragen beschäftigen wir uns im PAIR-Studium: Ob bei der Lektüre philosophischer Werke zu Vertrags- und Verteilungsmodellen in der politischen Theorie, der Analyse von Wahlverhaltensmustern in der politischen Soziologie, der Diskussion der Staatlichkeitsmodelle von morgen oder dem Entwurf von Zukunftsperspektiven zur Weiterentwicklung der Europäischen Integration – in PAIR wird man kaum auf ein Thema stoßen, das man nicht direkt spannend und gesellschaftlich höchst relevant findet.


Welche akademischen Schwerpunkte setzt Du in Deinem Studium?


Meine größte Leidenschaft ist die Anwendung mathematischer und statistischer Methoden auf eine Vielfalt politikwissenschaftlicher Fragestellungen. Ich habe zum Beispiel auf Basis aller 304.000 Artikel, die je in dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ veröffentlicht wurden, berechnet, wie positiv oder negativ die öffentliche Wahrnehmung von Migration in jeder Woche zwischen 1947 und 2017 war und mit diesen Daten die Wahlvorhersagen von rechten Parteien bei Landtagswahlen gegenüber rein umfragebasierten Verfahren leicht verbessert. Zudem habe ich zu den Effekten von Medienberichterstattung auf Einstellungen gegenüber Flüchtlingen oder Entwicklungshilfe als geostrategischem Machtmittel zwischen den USA und China in Subsahara-Afrika geforscht. Angefangen hat alles mit dem Zeppelin-Projekt, im Rahmen dessen wir damals gemeinsam mit dem ZU-Professor und Politologen Joachim Behnke eine Studie zu den Auswirkungen von Koalitionssignalen auf strategisches Wahlverhalten durchgeführt und publiziert haben.


Die Werkzeuge, die ich in PAIR gelernt habe, lassen sich sogar auf viele andere wissenschaftliche Gebiete außerhalb der Politikwissenschaft übertragen: Aktuell arbeite ich zum Beispiel an statistischen Modellen im Bereich der Krebs- und Neuroepidemiologie, der geographischen Ausbreitung infektiöser Krankheiten oder Algorithmen, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz Troll-Verhalten in sozialen Medien erkennen oder am Stil die Autorschaft anonymer Text forensisch zu identifizieren versuchen. Eine ausführliche Übersicht über meine aktuellen Forschungsprojekte befindet sich unter https://schliebs.github.io/publications


Wo bist Du neben dem Studium aktiv?


Neben meiner eigenen Forschung engagiere ich mich mit Begeisterung in der Lehre und Ausbildung der nächsten Forschergeneration. Nach knapp zehn Tutorien, die ich in den Bereichen Mathematik, Statistik, Econometrics, Data Science und Wirtschaftsmathematik unterrichtet habe, freue ich mich jetzt umso mehr, auch meine ersten „richtigen“ Kurse in Mathe oder im kommenden Semester das neue Format „Applied Mathematics and Statistics for Poker“ zu unterrichten. Dass ich junge Nachwuchsstatistikern gerne bei ihrer Forschung unterstütze (und schlecht „Nein“ sagen kann), hat sich in Universitätskreisen wohl herumgesprochen, und so habe ich mittlerweile mehr als 100 Kommilitoninnen und Kommilitonen mit statistischen Problemen mit und ohne R helfen können.


Neben der eigenen Forschung und Lehre ist meine Hobby-Herzensangelegenheit das Thema „Open Science“. Dabei setze ich mich für ein offeneres, gerechteres und transparenteres Wissenschaftssystem ein, in dem Wissen kollaborativ und nachvollziehbar generiert, reproduzierbar kommuniziert und vor allem frei und jedem zugänglich zur Verfügung gestellt wird.


An der ZU habe ich zudem die Initiative R Force One und das Methodenkolloquium mitgegründet, die diesjährige StudentStudy „Advanced Data Science with R“ erfunden und initiiert und war einst Finanzvorstand des Hochschulsports.


Wo hast Du bereits praktische Erfahrungen gesammelt?


Meine im Studium entwickelten Modelle unterzog ich unter anderem während der französischen Präsidentschaftswahl von Emmanuel Macron im Frühjahr 2017 einem Praxistest, als ich für die Französische Nationale Wahlstudie (ENEF) – einer Kooperation von Sciences Po, Innenministerium und Le Monde – und später auch für das Auswärtige Amt Wahlprognosemodelle entwickelte, die am Ende sehr nah am tatsächlichen Wahlergebnis lagen.


Ich bin fest davon überzeugt, dass wir nicht nur dankbar sein sollten für das, was die vorherigen Generationen mit der deutsch-französischen und transatlantischen Freundschaft oder der europäischen Einigung erreicht haben, sondern dass es als junge Generation unsere Pflicht ist, tagtäglich für diese Errungenschaften einzustehen und diese weiterzuentwickeln. Einen kleinen Beitrag dazu durfte ich im Anschluss an mein Auslandsstudium an der Sciences Po in Paris leisten, wo ich ein halbjähriges Praktikum in der Deutschen Botschaft absolvierte und an der Koordination der deutsch-französischen Außen-, Europa- und Sicherheitspolitik mitwirken durfte.

Den Themen Abrüstung und nuklearer Nichtverbreitung werde ich mich auch im kommenden Jahr weiter widmen und nach Abschluss meines Bachelors voraussichtlich sechs Monate als Carlo-Schmid-Fellow im Arms Control, Disarmament & Weapons of Mass Destruction Non-Proliferation Centre des NATO-Hauptquartiers in Brüssel arbeiten.


Was kommt Dir zuerst in den Sinn, wenn Du die ZU beschreibst?


Der Ort, an dem ich mit der wundervollen Welt der Wissenschaft die Liebe meines Lebens kennenlernen durfte. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich mich einmal so für etwas begeistern lassen würde, so wie es Forschung und Lehre heute gleichermaßen schaffen. Man kann natürlich nie ausschließen, dass man sie nicht auch anderswo getroffen hätte – doch für die Neugier und Leidenschaft für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn, die mir das Umfeld an der ZU mit Nachdruck und auf Augenhöhe eingehaucht hat, werde ich immer dankbar sein.

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