Seniorprofessur für Pädagogische Psychologie & Motivation

Profil

Gabriele Oettingen ist Professorin für Psychologie an der New York University und Seniorprofessorin für Sozialpsychologie & Motivation an der Zeppelin Universität. Sie ist Autorin von mehr als 200 Artikeln und Buchkapiteln zum Thema Zukunftsdenken und der Kontrolle von Kognition, Emotion und Verhalten. Promoviert hat sie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem Max-Planck-Institut für Verhaltenspsychologie in Seewiesen.

Zur internationalen Forschung hat sie durch ihre Arbeiten zu den Risiken positiven Denkens und durch die Entwicklung der mentalen Kontrastierung maßgeblich beigetragen. Mentales Kontrastieren ist eine Selbstregulationstechnik, die den Alltag und die persönliche Entwicklung erleichtert. Im Rahmen von WOOP (Whish, Outcome, Obstacle, Plan) kann mentales Kontrastieren von jedem leicht erlernt und angewendet werden – unabhängig von Alter, Herkunft oder Kultur. Die Arbeit von Oettingen wurde in vielen Disziplinen veröffentlicht, zum Beispiel in der Sozial- und Persönlichkeitspsychologie, der Entwicklungs- und Bildungspsychologie, der Gesundheits- und Klinischen Psychologie sowie der Arbeits- und Organisationspsychologie. Sie hat auch in neuropsychologischen und medizinischen Fachzeitschriften publiziert. Ihre Befunde tragen zur wachsenden Literatur zu Lebensstiländerungen bei. Bildungsinstitutionen und Wirtschaftsunternehmen haben zunehmend Interesse an der Anwendung ihrer Forschung.

Oettingen, Gabriele
Oettingen, Gabriele Prof Dr

Forschung

Selbstregulation der Zielsetzung und Zielablösung
Oettingens Forschung befasst sich mit zwei weit gefassten Fragen: (1) Welche Selbstregulationsstrategien können Menschen anwenden, um ihr positives Denken in aktives Handeln umzuwandeln, und (2) welche Selbstregulationsstrategien können Menschen anwenden, um sich von ihren Zielen zu lösen?


Engagement für Ziele
Die gedankliche Gegenüberstellung einer gewünschten Zukunft mit der gegenwärtigen Realität führt zur Entstehung von verbindlichen Zielen mit konsekutivem Zielstreben und Zielerreichung, solange die Erfolgschancen als hoch eingeschätzt werden. Im Gegensatz dazu führt die gedankliche Ausarbeitung entweder nur der gewünschten Zukunft (Schwelgen) oder nur der gegenwärtigen Realität (Grübeln) zu einer mäßigen Zielbindung, selbst wenn die Erfolgsaussichten vielversprechend erscheinen. Diese Effekte wurden in verschiedenen Lebensbereichen (z.B. zwischenmenschliche Beziehungen, akademischer Erfolg, beruflicher Erfolg, Gesundheit, Lebensmanagement) und mit unterschiedlichen Paradigmen (z.B. Salienz, Reinterpretation) beobachtet. Kürzlich hat Oettingen die zugrundeliegenden kognitiven und motivationalen Prozesse des mentalen Kontrastierens entdeckt und diese selbstregulatorische Technik in Interventionsstudien angewendet. Schließlich hat sie das mentale Kontrastieren mit Umsetzungsabsichten (MCII oder WOOP) als wirksame Strategie zur Verhaltensänderung und zur Überwindung unerwünschter Gewohnheiten in den Bereichen Leistung, Zwischenmenschliches und Gesundheit analysiert.

Loslösung von Zielen
Die mentale Gegenüberstellung einer gewünschten Zukunft mit der gegenwärtigen Realität führt zu einer Abkehr von Zielen, wenn die Erfolgschancen als gering eingeschätzt werden. Die gedankliche Ausarbeitung entweder nur der gewünschten Zukunft (Schwelgen) oder nur der gegenwärtigen Realität (Grübeln) hält die Zielbindung aufrecht, selbst wenn die Erfolgsaussichten wenig vielversprechend erscheinen. Auch diese Effekte hat Oettingen in verschiedenen Lebensbereichen und mit unterschiedlichen Paradigmen nachgewiesen. Derzeit verwendet sie Verfahren zur mentalen Kontrastierung, um Menschen dabei zu helfen, sich von Zielen zu lösen, die nicht realisierbar sind (z.B. von einer beschädigten Beziehung oder einer unerreichbaren beruflichen Identität). Die Menschen müssen ihre gewünschte Zukunft mental mit der gegenwärtigen Realität gegenüberstellen. Wenn die Erfolgschancen als gering eingeschätzt werden, kann der Rückzugsprozess eingeleitet werden, sodass sich die Menschen weiterbewegen und sich erneut für realistischere Ziele engagieren können.

Engagement für Annäherungsziele vs. Vermeidungsziele
Durch mentales Kontrastieren werden nicht nur positive Fantasien über eine gewünschte Zukunft zu verbindlichen Annäherungszielen, sondern auch negative Fantasien über eine unerwünschte Zukunft zu verbindlichen Vermeidungszielen. Genauer gesagt müssen Menschen negative Fantasien über eine unerwünschte, gefürchtete Zukunft mit positiven Aspekten der gegenwärtigen, sicheren Realität kontrastieren, und die Erwartungen an eine erfolgreiche Vermeidung der unerwünschten Zukunft müssen hoch sein. Der Einsatz mentaler Kontrastierung, um ängstliche Fantasien in konstruktive Vermeidungsziele umzuwandeln, dürfte besonders wichtig sein, wenn es Menschen schwer fällt, positive Fantasien über die Zukunft zu entwickeln (z.B. im Gesundheitsbereich oder in Situationen, die mit Vorurteilen gegenüber Mitgliedern einer Fremdgruppe verbunden sind).

Schwelgen und das Unkontrollierbare
Kann das Schwelgen in einer positiven Zukunft positive Auswirkungen auf Motivation und Wohlbefinden haben? Oettingen hat herausgefunden, dass Menschen, die vor kontrollierbaren und entgehbaren Aufgaben stehen, davon profitieren, wenn sie ihre Fantasie mental mit der Realität kontrastieren. Wenn man jedoch vor Aufgaben steht, die man nicht bewältigen oder aufgeben kann (z.B. unheilbar krank zu sein), sollte das Schwelgen in positiven Fantasien vorteilhaft sein, weil es einem erlaubt, „im Spiel zu bleiben“.

Kultur und selbstregulatorisches Denken
In der Vergangenheit hat Oettingen untersucht, wie kulturelle und politische Faktoren die Entwicklung von Wirksamkeitsüberzeugungen, Kontrollüberzeugungen und Attributionsstilen beeinflussen. Jetzt stellt sie die Frage, wie kulturelle Faktoren die Entwicklung der drei Modi des selbstregulatorischen Denkens (d.h. mentales Kontrastieren, Schwelgen, Grübeln) beeinflussen. Sie untersucht etwa die Prävalenz der drei Modi des selbstregulatorischen Denkens in Kulturen, die sich in ihrem Grad der Normorientierung unterscheiden.

Stressbewältigung und zwischenmenschliche Beziehungen
Oettingen analysiert auch die psychologischen Prozesse, die dazu führen, dass Menschen, die mental kontrastieren, empfindlich auf Erfolgschancen reagieren und Menschen, die schwelgen und grübeln, unempfindlich gegenüber Erfolgschancen sind. So hat sie beispielsweise herausgefunden, wie mentales Kontrastieren anstelle von Schwelgen/Grübeln die differenzierte Verarbeitung von relevantem Leistungsfeedback, die differenzierte Bewertung kritischer Erfahrungen und die differenzierte Bewältigung von Misserfolgen sowie von akutem und chronischem Stress fördert. Ein weiterer Forschungsstrang befasst sich mit den zwischenmenschlichen Konsequenzen des mentalen Kontrastierens gegenüber dem Schwelgen und Grübeln. Im Vergleich zum mentalen Kontrastieren führt das Schwelgen und Grübeln dazu, dass Menschen die Bedürfnisse und Verhaltensweisen ihrer Interaktionspartner (z.B. Liebespartnerinnen bzw. Liebespartner, Kind, Mitarbeitende) nicht bemerken. Diese Unsensibilität kann sich dann auf die direkten Reaktionen des Interaktionspartners sowie auf seine langfristigen Gedanken, Gefühle und Handlungen (z.B. Bestrebungen, Einstellungen, Entscheidungen) auswirken.


Unangebrachte Gewissheit im Kontext von Verschwörungstheorien und Fanatismus
Oettingen untersucht das Konzept der unangebrachten Gewissheit im Zusammenhang mit Verschwörungstheorien und fanatischem Verhalten. Falsche Gewissheit definiert sie als ein Gefühl der Gewissheit, das von einem selbst oder den meisten anderen in Frage gestellt wird. Im Bereich der Verschwörungstheorien kann unangebrachte Gewissheit beispielsweise bedeuten, dass man „weiß“ oder sich sicher fühlt, dass Geheimagenten eine Koalition gegen die Gesellschaft schmieden. Trotz dieser Gewissheit kann man dennoch akzeptieren, dass diese Überzeugung keine Beweise hat oder von den meisten anderen nicht geteilt wird. Es hat sich gezeigt, dass unangebrachte Gewissheit antisoziales Verhalten vorhersagt und kausal fördert, einschließlich fanatischem Verhalten, gemessen an entschlossener Ignoranz, Aggression und dem Anhängen an extreme Gruppen. Die Einführung des Konzeptes der unangebrachten Gewissheit in das Forschungsfeld des Fanatismus sollte dazu führen, dass man herausfindet, wann, warum und unter welchen Bedingungen Fanatismus zu destruktiven und feindseligen Handlungen führt.

Zeit, um zu entscheiden

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