Mit Beiträgen von Armen Avanessian, Centre for Plausible Economies (Kathrin Böhm, Kuba Szreder), Maciej Chmara, Maria Hlavajova, Institute of Radical Imagination, Laut Kollektiv, Sophie Mak-Schram, Massimiliano Mollona, Claude Nassar, Zeyno Pekünlü, Vishnu Vardhani Rajan, Dmitry Vilensky
17 | 09 | 2022 - 10 | 12 | 2022 Whitebox Zeppelin University
Gefördert von Baden-Württemberg Stiftung | Fränkel Stiftung | Sparkasse Bodensee
Das interdisziplinäre Ausstellungsprojekt Weaving Dreams into Realities eröffnet einen Raum, der kollektive Vorstellungskraft mobilisieren will, zugleich aber auch den Sog des kollektiven Imaginären kritisch beleuchten wird. Dafür schafft die Künstlerin Jeanne van Heeswijk mit ihrem Team und einer Gruppe von Studierenden einen Ort für ungewohnt intime und sinnliche Diskursformate. Im September 2022 wird die Künstlerin und mit ihr die Arbeit Toward Sanctuary Dome (Philadelphia Assembled, 2017) - eine geodätische Struktur für persönliche und kollektive Zuflucht, die White Box in einen Raum für kritische Praxis, kollektive Erzählungen und gemeinschaftliches Handeln verwandeln. Im Anschluss wird der Dome bis Dezember 2022 von Künstler:innen, Aktivist:innen, Forscher:innen und andere Akteur:innen bespielt, die sich mit konkreten Utopien, alternativen Organisations- und Lebensformen, wie mit gemeinwohlorientierten Ökonomien befassen. Commons, post-kapitalistische, solidarische Gemeinschaften, Kunstökonomien und wiederständige Formen des Überlebens in autoritären Staaten werden in Workshops, künstlerischen Arrangements, Interventionen und Vorträgen vorgestellt. Die Installation Toward Sanctuary Dome wurde das erste Mal im Rahmen des Philadelphia Assembled-Projekts im Philadelphia Museum of Art im Jahr 2017 gezeigt. Im Rahmen von Weaving Dreams into Realities wird der Dome einen Raum eröffnen, in welchem über drei Monate das Verhältnis von Imagination und Praxis ausgelotet wird, Perspektiven aus Kunst, Aktivismus, Pädagogik und politischer Ökonomie ins Gespräch gebracht werden, mit dem Ziel, Imaginationen als politisches Feld wiederzugewinnen, für das, was noch nicht ist, aber sein könnte.
Institute of Radical Imagination
Im Oktober wird das Institute of Radical Imagination (IRI) in einem Workshop und Vortrag seine Arbeit vorstellen. IRI ist ein nomadisches Institut, das Kunst, Aktivismus und Pädagogik verbindet und von dem Anliegen getrieben ist, Modelle postkapitalistischer Lebensformen zu entwickeln und zu verwirklichen. Im Rahmen von Weaving Dreams into Realities beleuchten die türkische Künstlerin Zeyno Pekünlü, der russische Künstler und Aktivist Dmitry Vilensky und der italienische Anthropologe und Kurator Massimiliano Mollona vom Institute of Radical Imagination gemeinsam die Frage, was internationale Solidarität in Zeiten globaler Konflikte und autoritärer Herrschaft bedeuten kann.
Centre for Plausible Economy
Im November 2022 sind die Gründer:innen des Centre for Plausible Economy Kuba Szreder und Kathrin Böhm zu Gast, um ihre Arbeit vorzustellen und einen Workshop zu veranstalten, der darauf abzielt, Kunstökonomien zu analysieren und Alternativen zu mappen. Das Centre for plausible Economy legt die Paradoxien eines zeitgenössischen Kunstsystems offen, in welchem der Kapitalismus allzu gerne kritisiert, ihm aber zugleich in die Hände gespielt wird. In Anerkennung der existierenden, aber oftmals verdeckten Vielfalt von Kunst und Wirtschaft, entwickeln sie künstlerische Werkzeuge, um diese Vielfalt sichtbar zu machen. In Mappings und Zeichnungen visualisieren sie unterschiedliche Wirtschaftstheoreme und provozieren durch ihr visuelles Denken einen neuen Blick auf bekannte Muster und Strukturen.
Zusätzlich zu diesen Veranstaltungen wird ein vielfältiges Programm für und von Studierenden und die außeruniversitäre Öffentlichkeit geboten. Ein Workshop zum Thema Dreamscaping mit Studierenden der Zeppelin Universität unter der Leitung von Jeanne van Heeswijk zusammen mit der Performancekünstler*in Vishnu Rajan und der Forscherin Sophie Mak-Schram zielt darauf ab, ein "Stewardship Curriculum" für die Nutzung des Environments Toward Sanctuary Dome zu entwickeln. In Zusammenarbeit mit dem europäischen Forschungsprojekt FEINART wird im Rahmen der internationalen Summer School im September der Workshop Instituting Otherwise mit der Kuratorin Maria Hlavajova und der Künstlerin Jeanne van Heeswijk im Dome stattfinden. Außerdem lädt die studentische Initiative Laut Kollektiv zu einer wöchentlichen intersektionalen feministischen Study Group ein. Am Ende des Semesters wenden sich die Studierenden des Kurses Kuratorische Praxis dem Begriff der Radikalität zu, indem sie ein Programm mit Videoarbeiten zu aktivistischen Praktiken und sozialen Bewegungen kuratieren.
Weaving Dreams into Realities bringt Perspektiven aus Kunst, Aktivismus, Pädagogik und politischer Ökonomie ins Gespräch und regt dabei nicht nur eine intellektuelle Reflexion an, sondern lädt ebenso zu sinnlichen Formen der Auseinandersetzung mit der Thematik ein.
Mit ihrem Environment „Toward Sanctuary Dome“ schafft die niederländische Künstlerin Jeanne van Heeswijk in der White Box einen ungewöhnlichen Raum für informelle Zusammenkünfte, Kontemplation, performative Aktionen, Seminare und Workshops. Die Grundstruktur ist eine geodätische Kuppel, wie sie den 1920er Jahren von dem deutschen Ingenieur Walther Bauersfeld entworfen und durch den US-amerikanischen Kultdesigner Buckminster Fuller weiterentwickelt wurde. Diese in den späten 1960er Jahren berühmt gewordene ikonische, anti-hierarchische Bauform verbreitete sich zunächst rasch in einer technikaffinen Counter Culture und der kalifornischen Hippiebewegung. In den letzten Jahren finden geodätische Kuppelstrukturen als flexible temporäre Architekturform nun innerhalb von aktivistischen und Do-it-your-self- Bewegungen international Verbreitung und stehen für eine Aufbruchsstimmung in nachhaltige, solidarische und minimalistische Lebensformen.
Im Rahmen von Weaving Dreams into Realities wird der von van Heeswijk gemeinsam mit Philadelphia Assembled designte und mit einem Fallschirm von Carmen Papalia ausgekleidete Dome von internationalen Kollektiven, Studierenden und Mitarbeitenden der ZU bespielt.
Zwischen September und Dezember werden hierin performative Aktionen, Meetings, Diskussionen und Seminare stattfinden, die alle eine künstlerische und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit alternativen solidarischen Wirtschaftsmodellen suchen und sich mit Fragen nach möglichen oder auch utopischen Formen des Zusammenlebens in post-kapitalistischen Zeiten befassen. Heeswijks „ Learning Object” schafft hierfür eine temporäre Architektur, die zunächst vor allem genaues Zuhören anregt und eine ganz eigene Atmosphäre herstellt, in der Begegnungen gleichzeitig intimen, öffentlichen und politisch aufgeladenen Charakter annehmen können. Das Projekt geht davon aus, dass Stadträume, Lehrräume und Arbeitsräume Begegnungen strukturieren und bestimmen, wie wir uns darin verhalten. Daher können Räume nicht nur die Imagination, Utopien und Träume inspirieren, sondern auch Transformationsprozesse anstoßen.
Die Künstlerin Jeanne van Heeswijk ist international bekannt geworden durch die kollektive Entwicklung dynamischer und vielfältiger öffentlicher Räume, die »das Lokale radikalisieren«. Ihre langfristigen, in die Gemeinschaft eingebetteten Arbeiten folgen einer post-autonomen Kunsttradition. Sie kombinieren performative Aktionen, Diskussionen und andere Formen der Organisation und Pädagogik, um Gemeinschaften dabei zu unterstützen, ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen Büchern und Publikationen weltweit sowie auf international renommierten Biennalen wie Liverpool, Shanghai und Venedig gezeigt.
Im Laufe von vier Monaten wird die Toward Sanctuary Dome ein Umfeld für ein interaktives Programm mit ganz unterschiedlichen Beiträgen von Selda Asal, Armen Avanessian, Centre for Plausible Economies (Kathrin Böhm, Kuba Szreder), Maciej Chmara, Jeanne van Heeswijk, Maria Hlavajova, Institute of Radical Imagination, Laut Kollektiv, Massimiliano Mollona, Claude Nassar, Zeyno Pekünlü, Vishnu Vardhani Rajan, Dmitry Vilensky und vielen anderen.
Öffentliche Präsentationen von Studierenden der Zeppelin Universität als Ergebnis von Workshops von Armen Avanessian, Maciej Chmara, Jeanne van Heeswijk, Sophie Mak-Schram, Vishnu Vardhani Rajan.
Im September startet das Programm mit einem Workshop, bei dem Jeanne van Heeswijk mit Studierenden ein Curriculum für die Nutzung des Raumes entwickelt. Hierfür ist die niederländische Künstlerin Jeanne van Heeswijk Spezialistin. Sie hat in gefährdeten oder vom Abriss bedrohten Siedlungen oder gesichtslosen Nachbarschaften in ganz Europa und den USA mit Anwohner:innen, Kindern, Jugendlichen und Passtant:innen oft über Jahre hinweg zusammengearbeitet, um die Bürger:innen zu befähigen ihre Stadtteile, Nachbarschaften und lokalen Communities selbst zu entwickeln und zu gestalten. In diesem Kontext hat sie gemeinsam mit wechselnden Beteiligten eine kollaborative Pädagogik erarbeitet, die mit sie mit den Schlagworten Selbstermächtigung, kollaborative Produktion, Radikalisierung des Lokalen, zusammen Handeln, radikale Empathie und spatial agency beschreibt.
Heeswijks Arbeiten schaffen spielerische Trainingsprogramme für Self-Empowerment und zielen auf die Entwicklung eines kollektiven, lokal verankerten Futurismus. Die Künstlerin organisiert informelle Zusammenkünfte und übt das genauere Zuhören und das Teilen von Geschichten und Träumen ein, um neue Beziehungsebenen zu erschließen.
Zuletzt hat sie unter dem Titel “Training for the Not-Yet“ an Europas erster Adresse für engagierte Kunst, BAK in Utrecht, über eineinhalb Jahre ein künstlerisch-kreatives Trainingsprogramm für „soziales Engagement, radikale Kollektivität und aktives Empowerment“ betrieben. Ihre Projekte wurden auf den Biennalen in Venedig, Liverpool, Busan, Taipei und Shanghai gezeigt. Ausgestellt hat sie unter anderem an großen Museen wie dem PS1 Center for Contemporary Art in New York und dem Museum Boijmans Van Beuningen in Rotterdam. 2012 gewann sie die renommeirten Curry Stone Prize for Social Design Pioneers.
Einführung in das Ausstellungsprojekt durch die Leitung des artsprogram Prof Dr Karen van den Berg und Rahel Spöhrer, Sommerfest der Zeppelin Universität.
Im Rahmen des Sommerfestes der Zeppelin Universität führt die Leitung des artsprogram Prof Dr Karen van den Berg und Rahel Spöhrer in das Ausstellungsprojekt ein.
16.30 Uhr
Eröffnung und Einführung in die Ausstellung „Weaving Dreams into Realities“
ab 16.30 Uhr
Durchbrochene Linearität - Wie Kunst in lineare Zeitvorstellungen interveniert
Talk mit Rahel Spöhrer und Prof Dr Karen van den Berg
Workshop und öffentlicher Vortrag von dem Institut of Radical Imagination (Massimiliano Mollona, Zeyno Pekünlü, Dmitry Vilensky)
Zu den internationalen Gästen, die den Raum im Oktober bespielen, gehört das international operierende Institute of Radical Imagination (IRI), in dem Künstler:innen, Aktivist:innen und Wissenschaftler:innen daran arbeiten, bestehende post-kapitalistische Lebensformen zu untersuchen, aber auch weiterzuentwickeln und zu implementieren. Der italienische Anthropologe und renommierte Commons-Forscher Massimiliano Mollona, die türkische Künstlerin Zeyno Pekünlü und der international bekannte russische Aktivist Dmitry Vilensky werden hier in einem Workshop und Vortrag der Frage der internationalen Solidarität in Zeiten globaler Konflikte und autoritärer Herrschaft nachgehen.
Info
www.instituteofradicalimagination.org
Vortrag und Brunch | 22.10.2022 | 11.30-13.00 Uhr
In ihrem öffentlichen Talk am 22. Oktober 11 Uhr, welcher in einem studentisch organisierten Raum in der Innenstadt Friedrichshafen stattfinen wird, werden die IRI-Mitglieder Zeyno Pekünlü, Dmitry Vilensky und Massimiliano Mollona die Arbeit des Instituts of Radical Imagination der Öffentlichkeit vorstellen. Dabei beleuchten sie Möglichkeiten internationaler Solidarität in einer Zeit globaler Konflikte anhand ihrer unterschiedlichen Erfahrungen im Rahmen des IRI und im Lichte ihrer verschiedenen aktivistischen, künstlerischen und pädagogischen Praktiken.
Workshop | 22.10.2022 | 14.00-17:00 Uhr
Der Workshop am 22. Oktober von 14-17 Uhr, wird sich mit den Möglichkeiten internationaler Solidarität befassen. Pekünlü, Vilensky und Mollona werden konkrete Formen von Commoning, Solidarität und wechselseitiger Unterstützung diskutieren, die die rassistische, homophobe und imperiale Politik, die das aktuelle globale Szenario kennzeichnet, herausfordern. Der Workshop wird als gemeinsamer, sehr praktischer und praxisnaher Lernraum eingerichtet, in dem die Teilnehmer:innen gemeinsam über einige politische Begriffe wie Solidarität, Grass-Roots-Aktivismus, Internationalismus und Commoning nachdenken. Ziel des Workshops ist die Erarbeitung geteilter politischer Imaginationen, welche sich den Herausforderungen gegenwärtiger Politik stellen.
Anmeldung
Die Teilnehmer:innenzahl für den Workshop ist begrenzt. Anmeldung bis zum 19.10.2022 mit einer Mail an rahel.spoehrer@zu.de
Workshop und öffentliche Veranstaltung des Centre for Plausible Economies (Kuba Szreder, Kathrin Böhm).
Im November bespielt das Centre for Plausible Economy die White Box. Das Centre for Plausible Economy arbeitet interventionistisch und imaginiert mit Hilfe von visuellen Mappings, Bildern und Grafiken eine alternative Kunstökonomie. Der in Warschau lebende Theoretiker und Kurator Kuba Szreder und die an der Alanus Hochschule in Alfter bei Bonn unterrichtende Künstlerin Kathrin Böhm laden dabei zu einer Präsentation und einem Workshops am 24. und 25. November ein.
In dem Workshop wird die Alltagsökonomien der Teilnehmer:innen kartiert und weiter die Vielfalt der Wirtschaftssysteme veranschaulicht, die typischerweise künstlerischen Praktiken zugrunde liegen. Ziel der Übung ist es, interdependente und gemeinschaftsbasierte Wirtschaftssysteme zu fördern. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass die Analyse und Kartierung der Ökonomien, die uns umgeben und beherrschen, der erste Schritt auf dem Weg dahin ist, sich alternative Wirtschaftsformen vorzustellen und Ideen zu entwickeln, wie diese implementiert werden können.
Der Workshop wird sich auf die verschiedenen Ökonomien der Kollektive, Projekte und Institutionen konzentrieren, in welche die Workshop-Teilnehmer:innen verstrickt sind und sowohl symbolische als auch materielle, monetäre und nicht-monetäre Ressourcen umfassen, die in den jeweiligen institutionellen Ökosystemen generiert werden. Der Schwerpunkt wird auf den Folgen der Pandemie liegen, wobei die Krise als Möglichkeit gesehen wird, die Ökonomie zu überdenken - nicht nur die von Kunstinstitutionen, sondern auch die von Volkswirtschaften im Allgemeinen.
Die öffentliche Präsentation und die Workshops finden in Zusammenarbeit mit dem europäischen Forschungsprojekt FEINART statt.
Anmeldung
Die Anzahl an Teilnehmer:innen für den Workshop ist begrenzt. Für die Anmeldung schreiben Sie bitte an rahel.spoehrer@zu.de, beschreiben Sie bitte kurz Ihren Hintergrund und Ihr Interesse an dem Workshop | Anmeldeschluss 22.11.2022
Weaving Dream into Realities wird von der Baden-Württemberg Stiftung, der Fränkel Stiftung und der Sparkasse Bodensee gefördert.
Verantwortlich für das Projekt
Rahel Gloria Spöhrer | Kuratorische Leitung des artsprogram der Zeppelin Universität | rahel.spoehrer@zu.de
Prof. Dr. Karen van den Berg | Wissenschaftliche Leiterin des artsprogram der Zeppelin Universität | karen.vandenberg@zu.de
Geöffnet Mo-Do 10-16h für Abendveranstaltungen und auf Anfrage
Telefon: 07541 6009 1302