Pranayama Typhoon

Fiona Banner aka The Vanity Press

17 | 03 | - 05 | 05 | 2023 White Box, ZF Campus | ZU


Gefördert von Sparkasse Bodensee | Fränkel Stiftung | Enderle Veranstaltungstechnik

Wie sieht ein postheroischer Blick auf Kriegsgeräte aus? Warum werden sie nach Tieren und Naturphänomenen benannt? Welche Rolle spielen sie für das Weltverhältnis sogenannter Zivilgesellschaften und wie zivil sind diese Gesellschaften überhaupt?


Mit ihrer Ausstellung „Pranayama Typhoon“, die im Rahmen des artsprogram-Jahresthemas „Being Wrong“ in der White Box gezeigt und die am 17.03.2023 eröffnet wird, nähert sich die 1966 in Liverpool geborene Künstlerin Fiona Banner Fragen wie diesen aus unerwarteten Perspektiven.


Der Ausstellungstitel „Pranayama Typhoon“ verweist zum einen auf die in der Yogapraxis verbreitete belebende, „Pranayama“ genannte Atemtechnik und zum anderen auf das hochmoderne Kampfflugzeug Typhoon, das nach einem Tropensturm benannt ist. Ein Sitzsack in Form eines Flugzeugflügels (Soft Parts 2022) lädt die Besucher:innen ein, sich zurückzulehnen und in die performative Sphäre des Films einzutauchen.


Teil der Ausstellung ist das Video Pranayama Organ (2021), in dem zwei aufblasbare lebensgroße Kampfflugzeugattrappen, ein Falcon und Typhoon, zu Protagonisten werden. Der an der südenglischen Küste gedrehte Film zeigt die beiden Dummies an einem Strand liegend. Die Flugzeugnachbildungen, die beim Militär tatsächlich verwendet werden, um den Gegner in die Irre zu führen, füllen sich langsam mit Luft, als würden sie sachte zum Leben erwachen. Im späteren Verlauf des Films treffen zwei Figuren in Kampfflugzeugkostümen, eine davon die Künstlerin, in einem absurden Tanz aus Balz, Kampf und Verführung aufeinander. Die tänzelnden, streitenden, strauchelnden Kampfgeräte erinnern an Vögel, Automaten oder Menschen, die in einem absurden Ritual ihr zwiespältiges Begehren nach Intimität und Konflikt, nach Macht und Entwaffnung aushandeln. Es entsteht ein Raum, in dem widersprüchliche Ideen von Brutalität, Verletzlichkeit, Natur, Maschinen, Heroik, Humor und Intimität ineinanderfließen.


Das Wort „organ“ im Titel des Films bezieht sich sowohl auf den Körper, die Organe, als auch auf das große Tasteninstrument, die Orgel. Der Soundtrack des Films ist zerbrechlich und zugleich heroisch und wird von einer Kirchenorgel getragen, die auf das ikonische Lied Wild is the Wind verweist. Die erhabenen Orgeltöne und der Klang des Atems erfüllen den Raum und unterstreichen die Spannung des Werks.


Im Rahmen der Veranstaltungsreihe Being Wrong regen die Installation, das Begleitprogramm und ein Gespräch mit der Künstlerin dazu an, das ambivalente Verhältnis von Zivilgesellschaften zum Territorium sowie zu Verteidigung und Kampf zu diskutieren und kritisch zu hinterfragen.

Hintergrund

Als Kind, so berichtet Banner in einem Interview, war sie gleichermaßen fasziniert und verängstigt von dem verstörenden Auftauchen tieffliegender Militärflugzeuge. Wenn diese plötzlich und unvermittelt die "pastorale Ruhe" der walisischen Landschaft durchbrachen und den Himmel zerrissen, löste dies bei der Künstlerin ein tiefes Bewusstsein für die widersprüchliche Beziehung zwischen menschlicher Brutalität und Natur aus. Seit den Anfängen ihrer künstlerischen Tätigkeit sind die Kampfflieger ein wiederkehrendes Motiv in ihrem Werk. Dabei werden sie auf eigentümliche Weise verlebendigt, re-fiktionalisiert und in gleichermaßen sinnlich schöne wie groteske Antihelden verwandelt.

Zur Künstlerin

Die Fusion von Kreaturen, Naturphänomenen und Artefakten und das Einbrechen einer fremden Realität in eine gewohnte Umgebung zieht sich wie ein roter Faden durch Fiona Banners Werk.


Die Künstlerin, die seit 1997 auch unter dem Namen The Vanity Press arbeitet, hat eine lange und spielerische, oft performative Beziehung zum Publizieren - 2009 ließ sie sich sogar selbst als Publikation registrieren. Bekannt wurde sie in den 1990er Jahren mit ihrem Buch NAM, in dem sie sechs berühmte Hollywood-Vietnamfilme, darunter Full Metal Jacket und Apocalypse Now, in ihren eigenen Worten nacherzählt. 2009 erregte sie Aufsehen, als sie ein originales BAe Sea Harrier-Kampfflugzeug kopfüber von der Decke des klassischen Saals der Tate Gallery in London hängte und einen auf Hochglanz polierten, umgedrehten Jaguar-Kampfjet in dem angrenzenden Raum platzierte.


Als Professorin für Perspektive an der Royal Academy in London arbeitet sie mit einer Vielzahl von Medien. Ihre Werke, die sich heute in bedeutenden Sammlungen wie dem MoMA befinden, bestehen aus Text, Schrift, Performance, Installation, Zeichnung, Film und Malerei. Zuletzt entstand eine Serie, in der sie gefundene Gemälde von Meereslandschaften als Material nutzte und auf diesen monumentale abstrakte Punkte einfügte, unproportionale Satzzeichen, die wie Seeminen auf der Meeresoberfläche schwimmen; auch Sprache ist eine Waffe. Im Jahr 2020 überführte sie Skulpturen der Serie Full Stop in eine Umweltschutzaktion. Gemeinsam mit Greenpeace versenkte sie zwei Granitblöcke in Form von Punkten, überdimensionale Satzzeichen, auf dem Meeresgrund, wo sie als Unterwasserbarriere die Schleppfischerei behindern sollen.

Werkliste

Pranayama Organ, 2021

Hochauflösender Digitalfilm

10:38 Minuten


Soft Parts, 2022

Maßgeschneiderter Sitzsack

Abmessungen variabel


Zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit Pranayama Organ: Eight Thoughts (2022), einem Text von Joanna Pocock. The Woods Decay, The Woods Decoy and Fall A Noh Play in Three Acts (2021), ein kollaborativer und performativer Text, von Tom McCarthy als T (Typhoon) und Fiona Banner als F (Falcon).


Pranayama Organ (2021) wurde am Strand von Pett Level an der Südküste Englands gefilmt, wo Banner ein Studio hat. In den letzten Jahren hat eine Rekordzahl von Geflüchteten den Ärmelkanal in kleinen Booten überquert, von denen einige an diesem Strand ankamen. Wild is the Wind wurde ursprünglich von Dimitri Tiomkin 1957 geschrieben und von Johnny Mathis für den gleichnamigen Film aufgeführt. Pranayama Organ wurde erstmals in der Barakat Gallery in Seoul während des lockdowns in der Stadt ausgestellt.

Pranayama Organ Film Credits

Regie: Fiona Banner alias The Vanity Press. Produzentin: Alice Walters. Produzentin/Kamera: Babak Goodarzi. Drohne/Kamera: Voytek Ketz Produktionsassistent und Darsteller: Kirsty Harris. Postproduktionsassistent: Joseph Sakoilsky. Schnitt: Tobias Zaldua. Tonspur: Annabelle Boissonnet, Crispin Davis, Raphael White, Tobias Zaldua. Pranayama Organ wurde erstmals bei Barakat Contemporary, Seoul, gezeigt.

Foto Credits

Pranayama Organ (Filmstill), 2021

Fiona Banner aka The Vanity Press

Courtesy of the artist and

Frith Street Gallery, London and

Galerie Barbara Thumm, Berlin

Besonderen Dank an

Frith Street Gallery, London und Galerie Barbara Thumm, Berlin


Weitere Informationen

Mehr Informationen zu dem Jahresthema Being Wrong


Mehr Informationen zu der Ringvorlesung in Zusammenarbeit mit Arts of the Working Class und dem Zentrum für Kulturproduktion 

Verantwortlich für das Projekt

Rahel Gloria Spöhrer | Kuratorische Leitung des artsprogram der Zeppelin Universität | rahel.spoehrer@zu.de


Prof. Dr. Karen van den Berg | Wissenschaftliche Leitung des artsprogram der Zeppelin Universität | karen.vandenberg@zu.de


Geöffnet Mo-Do 10-16h für Abendveranstaltungen und auf Anfrage

Telefon: 07541 6009 1302

E-Mail: artsprogram@zeppelin-university.net

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