Ein Ausstellungsprojekt des artsprogram
Gefördert von der Baden-Württemberg Stiftung, der Fränkel Stiftung
und der Sparkasse Bodensee
08 | 03 - 10 | 05 | 2019
»Insel der Freiheit«
Was bedeutet Freiheit im 21. Jahrhundert? Welcher Wert wird ihr in Zeiten der freiwilligen digitalen Totalüberwachung beigemessen? Wie steht es um unser persönliches, politisches und rechtliches Freiheitsverständnis? Können Kunst und Wissenschaft noch als Bastionen der Freiheit gelten? Dies sind die Fragen, mit denen sich das artsprogram der Zeppelin Universität (ZU) im Frühjahr 2019 unter dem Titel „Inseln der Freiheit“ auseinandersetzt.
Hierzu wurde neben einer Reihe von Wissenschaftlern und Künstlern der japanische Künstler und Aktivist Yoshiaki Kaihatsu eingeladen, um die zentrale Insel der Freiheit für die ZU zu entwerfen. Da Kaihatsus Arbeiten stets auf eine kooperative Formung und Neuinterpretation eines konkreten sozialen Umfeldes angelegt sind, wird seine Insel der Freiheit keineswegs dem Klischee der einsamen Insel entsprechen. Vielmehr kreiert der japanische Aktivist für Friedrichshafen einen Raum, der wie ein futuristisches extra-terrestrisches Wohnzimmer anmutet und dazu einlädt, sich in unterschiedlichen Formaten mit Fragen der Freiheit im 21. Jahrhundert auseinanderzusetzen. Es entsteht ein Raumschiff der freien Rede, das zu kollektiver Denkfreiheit inspiriert und die universitären Rituale, Sprech- und Ausdrucksregime neu modelliert.
Zusammen mit Studierenden, Mitarbeitern und externen Gästen verwandelt Kaihatsu den universitären Ausstellungsraum in eine über zehn Wochen hinweg bespielbare „Insel der Freiheit“. In einem Environment aus künstlichem Eisbärenfell, Poster-Inseln und einer Speakers' Corner werden Kurzvorträge, Lesungen und Performances stattfinden – frei von Vorgaben über den Inhalt. Täglich wird hier zur Mittagszeit zwischen 12.45 und 13 Uhr eine Viertelstunde Freiheit geboten.
Yoshiaki Kaihatsu versteht seine Kunstpraxis als eine Arbeit am Sozialen. Daher zielen seine Projekte stets auf eine direkte Interaktion mit Personen vor Ort. So entwarf er ein „Future Post Office“, in dem er als analoger Briefträger Post entgegennahm, die man sich an sein zukünftiges Selbst schrieb und erst nach einem Jahr erhalten hat. 2012 baute er ein minimalistisches „Haus der Politiker“ in der Sperrzone von Fukushima und lud immer wieder Politiker ein, um die Situation in dem strahlenversuchten Gebiet hautnah zu erleben. 2014 errichtete er eine unterirdische Radiostation auf einem leeren Grundstück, und bat (in ein Maulwurfkostüm gekleidet) Nachbarn zu Interviews – auch um ganz bildlich mit einem Bottom-up-Format auf Sendung zu gehen. Seine Projekte nähern sich selbstironisch und spielerisch den ganz großen Themen der Zeit und ermutigen vor allem dazu,selbst Position zu beziehen.
Yoshiaki Kaihatsu (*1966, Präfektur Yamanashi, Japan) absolvierte 1991 einen Bachelor of Arts und 1993 einen Master of Arts an der Tama Art University in Tokio. Er wurde 2001 mit dem 4. Taro Okamoto Memorial Award for Contemporary Art des Taro Okamoto Museum of Art (Kawasaki) ausgezeichnet und erhielt Stipendien des amerikanischen Asian Cultural Council (New York, 1998-99), der Pola Art Foundation (Tokio, 2001-02), sowie der Agency for Cultural Affairs (Tokio, 2004-05). Als Artist in Residence nahm er an den Programmen des Banff Art Center „Big City“ (Kanada, 2000), des International Studio & Curatorial Program (New York, 2001-02 und 2005) und des Künstlerhaus Bethanien International Studio Programme (Berlin, 2005-06) teil. Er war an zahlreichen internationalen Ausstellungen beteiligt und bei der Architekturbiennale Venedig 2004 im japanischen Pavillon vertreten.
Projektverantwortliche:
Prof. Dr. Karen van den Berg | Akademische Sprecherin des ZU-artsprogram | karen.vandenberg@zu.de
Ulrike Shepherd | Kuratorin des ZU-artsprogram | ulrike.shepherd@zu.de
Anmeldungen der Beiträge zur Speakers' Corner bei:
Lena Mehner | Kuratorische Assistenz | l.mehner@zeppelin-university.de
Maeve Gerding | Kuratorische Assistenz | m.gerding@zeppelin-university.net
Foto 1: „IMAPURA – What is the most serious problem for you?“ (Japan, 2015) | Foto: Kaihatsu
Foto 2, 3, 4: Ausstellungsansicht in der Whitebox | Fotos: Karen van den Berg