Friedrichshafen/Athen. Parlamente erzeugen und verarbeiten enorme Datenmengen. Diese sind teilweise öffentlich zugängig, teilweise nicht. Wie lassen sich diese Datenmengen besser nutzbar machen, sowohl für die Parlamentarier als auch für die Öffentlichkeit? Und wie kann künstliche Intelligenz Parlamenten dabei helfen, diese Datenmengen besser zu verarbeiten und so Prozesse zu optimieren?
Antworten auf diese Fragen will eine internationale Kooperation zweier auf Verwaltungs- und Rechtsinformatik spezialisierter Forschungseinheiten finden. Die eine sitzt in Friedrichshafen: das „The Open Government Institute“ (TOGI) der Zeppelin Universität, das sich auf die Öffnung von Verwaltungsdaten und den Einsatz smarter Technologien spezialisiert hat; die andere in Griechenland: das „Hellenic Optical Character Recognition-Team“ (OCR), ein dezentrales Forschungsnetzwerk, das sich auf die automatische Erkennung und Analyse von Schriftsätzen aus Verwaltungen und Parlamenten spezialisiert hat. (Übersetzt: „Griechisches Team für optische Schrifterkennung“.)
Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, gemeinsam auf aktuelle Herausforderungen der Rechts- und Verwaltungsinformatik einzugehen. So will man sich mit Problemstellungen befassen, die sich aus der öffentlichen Zugänglichkeit parlamentarischer Daten und den Möglichkeiten neuer digitaler Technologien ergeben. Die Kooperation soll offenen parlamentarischen Daten eine größere Sichtbarkeit geben, tiefere Analysen eröffnen und die Entwicklung elektronischer Werkzeuge und Dienste für Parlaments- und Regierungssysteme anregen. Die Zusammenarbeit bietet die Grundlage, um Studien anzufertigen, um personelle Kapazitäten aufzubauen und um Forschungsvorhaben technisch und wissenschaftlich zu unterstützen.
Die Kooperation eröffnet dem TOGI einen Zugang zum spezialisierten Fachwissen des Netzwerks des griechischen OCR-Teams. Dieses Netzwerk besteht aus akademischen Einrichtungen, Unternehmen und Forschern und erstreckt sich über 13 Länder auf vier Kontinenten. "Wir freuen uns, Parlamenten mit unserer Zusammenarbeit wertvolle Impulse zum künftigen Einsatz von künstlicher Intelligenz liefern zu können." so Institutsdirektor Prof. Dr. Jörn von Lucke. Umgekehrt wird das OCR-Team in der Lage sein, die fortschrittlichen Analysefähigkeiten des TOGI auf dem Gebiet der elektronischen Verwaltung und des offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns zu nutzen. Dr. Fotis Fitsilis, Mitbegründer und Teamleiter, lobt die neue Partnerschaft: "Mit den fortgeschrittenen analytischen Fähigkeiten vom TOGI wird unser globales Netzwerk in der Lage sein, mehr Institutionen den Weg zum Parlament der Zukunft zu ebnen."
Beispielhaft für das Potenzial der Kooperation waren zwei außergewöhnliche Workshops: 2021 im griechischen Parlament und 2022 im argentinischen Abgeordnetenhaus. Dabei wurden empirische Erkenntnisse gewonnen, wie sich Werkzeuge und Dienste, die auf künstlicher Intelligenz (KI) basieren, im parlamentarischen Umfeld nutzen lassen. Die Workshops stützen sich auf ein originelles Forschungsdesign, das von Forschern der Zeppelin Universität und des OCR-Teams gemeinsam entwickelt wurde. In einem intensiven und komplexen Bewertungsprozess wurden mehr als 200 KI-basierte Technologievorschläge evaluiert bezüglich Priorität und Relevanz für die Anwendung in den jeweiligen parlamentarischen Arbeitsbereichen.
Die Analyse solcher Datensätze bietet wichtige Erkenntnisse für die Beurteilung disruptiver Technologien und die Bündelung von Informationsbedürfnissen. Mit Hilfe dieser Analyse lassen sich digitale Strategien entwickeln, mit denen sich Parlamente auf künftige institutionelle Herausforderungen vorbereiten können. Erste Ergebnisse wurden auf Fachkonferenzen in Wroxton, Großbritannien, und Linköping, Schweden, vorgestellt.