18.06.2018

Wie sich das Konzert gerade neu erfindet

Friedrichshafen. Das Konzert als Präsentationsformat sollte sich erneuern, um es auch für ein jüngeres Publikum wieder attraktiver zu machen. Das ist die Kernthese des Buches „Das Konzert II: Beiträge zum Forschungsfeld der Concert Studies“, herausgegeben von Prof. Dr. Martin Tröndle, Inhaber des WÜRTH Stiftungslehrstuhls für Kulturproduktion an der Zeppelin Universität (ZU), das soeben im transcript Verlag erschienen ist. Auf 490 Seiten tragen 24 Autorinnen und Autoren – Kultur- und Musikwissenschaftler, Intendanten und Musiker, Historiker und Entrepreneure – dazu bei, einen facettenreichen Diskurs zur Zukunft des Konzertes zu eröffnen.


Bereits 2009 stieß der ebenfalls von Tröndle herausgegebene Band „Das Konzert: Neue Aufführungskonzepte für eine klassische Form“ eine umfangreiche mediale Diskussion um die Zukunft der Kulturform Konzert an. Die demografische Entwicklung des Konzertpublikums wie auch die Frage nach der Erneuerung des klassischen Konzertes standen im Mittelpunkt. Seither ist Bewegung in die Klassikszene gekommen. Eine Vielzahl an neuen konzertpädagogischen Maßnahmen, neuen Festivalformaten, die „die Klassik“ und „das Konzert“ neu erfinden, sind entstanden. Beispiele dafür sind das „Podium Festival“ in Esslingen, die neu ausgerichtete „MaerzMusik“ Berlin und der „Heidelberger Frühling“, das Fellowship-Programm „Concerto21“ der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S., das 2017 gestartete Fellowship-Programm „#bebeethoven“ der Kulturstiftung des Bundes, das digitale Magazin für klassische Musik „VAN“, die Entstehung von Klassik-Streamingplattformen wie „grammofy“, „IDAGIO“, „Qobuz“, Branchentreffen zur Zukunft des Konzertes wie „Classical:NEXT“, der im Jahr 2017 ins Leben gerufene „D-bü Wettbewerb“, der die Frage nach neuen Aufführungsformaten in die deutschen Musikhochschulen trägt, oder auch der 2017 erstmals vergebene Preis „Innovatives Orchester des Jahres“ der Deutschen Orchester Stiftung.


Dem gegenüber stehen laut Tröndle zugleich ernüchternde Zahlen. Auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes ist davon auszugehen, dass Orchesterkonzerte von nur noch vier bis fünf Prozent der Bevölkerung besucht werden. Auch der Anteil der klassischen Musik im Tonträgermarkt sinkt im Langzeitvergleich ungebrochen und liegt nunmehr bei knapp drei Prozent des Gesamtmusikmarktes. Weiter verwenden die Bundesbürger für den Besuch von Theatern, Konzerten, Musical und Oper zusammengenommen 13 Minuten pro Woche, für Fernsehen und das Schauen von Video und DVD 14,5 Stunden. Ein Langzeitvergleich bundesweiter Bevölkerungsumfragen hinsichtlich des Zusammenhangs von Alter und kultureller Partizipation kommt laut Tröndle zu dem Schluss, dass die zunehmende Überalterung der Konzertbesucher im Zusammenhang von Generationszugehörigkeit und Musikgeschmack begründet ist. Zwei Faktoren, die einerseits einen Rückzug jüngerer und andererseits eine verstärkte Zuwendung älterer Konzertbesucher mit sich bringen.


„Gerade wenn man eine reiche musikalische Tradition wertschätzt, ist eine wissenschaftlich fundierte und künstlerisch raffinierte Transformation der Kulturform ,Konzert‘ angemessen, um es lebendig zu halten“, sagt Tröndle. Genau darum geht es dem Band, der das Forschungsfeld der „Concert Studies“ etablieren möchte. Zu Wort kommen über Disziplinengrenzen hinweg Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Praktikerinnen und Praktiker. Sie beleuchten dabei unter anderem das Ausbildungssystem, den Konzertbesuch und den Konzertbetrieb, Musikästhetik und Akustik, die Weiter- und Neuentwicklung der Konzertprogramme und Konzertformate. So geben sie vielfältige Einblicke dazu, was das Konzert war und was es in Zukunft werden könnte.

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