Das von Studierenden der Zeppelin Universität organisierte Kulturfestival, bespielte in seinem 10. Jubiläumsjahr erstmals den Stadtraum von Friedrichshafen.
10 | 10 | 2020
Die installative Spracharbeit “Anwesenheit” von Franz Erhard Walther.
Während ein Jubiläum häufig den Anlass bietet Konstanten zu feiern und dabei dennoch neues auszuprobieren, forderten in diesem Jahr allen voran die Auswirkungen der Corona Krise ein radikales Umdenken in der Konzeption und Ausführung von SEEKULT. Zugleich ermöglichten diese Herausforderungen jedoch auch den Grundgedanken eines Festivals, die gemeinschaftliche Präsenz, neu zu reflektieren. Gerade die im öffentlichen Raum oft für selbstverständlich gehaltene Präsenz musste in den letzten Monaten erheblich zurückgeschraubt werden. Auch die Kulturbranche sah sich angesichts der Pandemie mit der Frage konfrontiert, wie sie in Krisenzeiten Kultur Präsenz verschaffen kann.
Vor diesem Hintergrund fand das 10. SEEKULT FESTIVAL unter dem Leitmotiv „Präsenzen“ statt und bot so einen künstlerischen Leitfaden, um gesellschaftliche Fragestellungen, die sich aus dem Jahr 2020 ergaben, intensiv beleuchten zu können. Dabei sollte der städtische Raum skizzenhaft mit künstlerischen Interventionen bespielt werden und so eine veränderte Wahrnehmung des Stadtraums evozieren und den momentanen gesellschaftlichen Ausnahmezustand reflektieren. Dabei wurden die aus der Corona-Krise hervorgegangenen Einschränkungen als zu nutzende Reflexionsräume verstanden, die SEEKULT zum Ausgangspunkt nahm, um einen multiperspektiven, gemeinschaftlichen Raum für kulturellen und gesellschaftlichen Austausch zu bieten.
Im Stadtzentrum erwartete das flanierende Publikum eine künstlerische Reflexion der städtischen Umgebung, des aktuellen Geschehens und der Auswirkungen der gegenwärtigen Krise auf die gesellschaftlichen Präsenzen. In der dunklen Unterführung am Zeppelin Museum leuchtete Franz Erhard Walthers digitale, vierteilige Spracharbeit „Anwesenheit“, die im Lock-down für des Haus der Kunst entwickelt wurde. Mit beißender Ironie reflektierten Dan Perjovschis auf die Außenwand des Zeppelin Museums projizierte Zeichnungen aus der Serie „Time of the Virus“ das von der Pandemie geprägte Zeitgeschehen. Zu einer Reflexion der eigenen körperlichen Präsenz lud wiederum die betretbare Spiegelfläche von Tatjana Busch ein.
Still schlängelten sich auch die geschwungenen Linien des Stadtgedichts von Sophia Pompery und Tobias Roth vom Adenauerplatz entlang der Promenade bis zum Moleturm. Das von dem Münchner Autor Tobias Roth eigens für Friedrichshafen verfasste Gedicht wurde von der Berliner Künstlerin Sophia Pompéry mit Kreide in den öffentlichen Raum übertragen und mit Hilfe des SEEKULT Teams in einer Nacht- und Nebelaktion dort eingeschrieben. Es forderte zum Lesen im Spazieren auf – bis die Kreide im Regen verblasste.
Zu einem leuchtenden Highlight wurden die Auftritte des Züricher Tanzkollektivs „compagnie O.“ im Kiesel im k42. Ihre Tanzperformance „Please Feed the Dancers“, die sie in einem Glaskasten aufführten, feierte in Friedrichshafen eine Premiere. Sie lud hinter distanzierendem Plexiglas fortlaufend zu einem Dialog von Tanzenden und Zuschauenden ein.
Trotz Regen und Kälte bot die Jubiläumsausgabe des Kulturfestivals eine lang ersehnte Bühne für kulturellen Austausch. So verwandelte die Lesebühne am Rathaus den Adenauerplatz zu einer Plattform für poetische, musikalische und diskursive Beiträge unter dem Leitthema der „Präsenzen“. Studierende, Dozierende und Friedrichshafener erzählten von der Kunst, das Leben in vollen Zügen zu genießen, gesellschaftspolitischer Verantwortung und bayerischen „Brezn“. Den krönenden Abschluss bot dann am Adenauerplatz mit seiner Musik-Performance der altbekannte SEEKULT-Publikums-Liebling Luis Ake – bevor sich die SEEKULT-After-Party ins Digitale verabschiedete.
In seiner Sonderausgabe schaffte SEEKULT eine Ode an die zwischenmenschliche Begegnung, die im Einklang mit den Social-Distancing-Maßnahmen zu einem unvergesslichen Moment wurde.
SEEKULT wird jedes Jahr neu von einem Team Studierender der Zeppelin Universität organisiert. So vielseitig wie das Festival, ist auch das Team: Seit Februar 2020 arbeitete das Team mit Hochdruck an der Jubiläumsausgabe. Ob Kulturwissenschaftler*in oder Soziolog*in, Finanzexpert*in oder Kurator*in – alle verband die Liebe zur Kultur und der Wunsch, ihr in all ihren Facetten wieder öffentliche Präsenz zu verschaffen.
Unter der Gesamtleitung von Ulrike Shepherd wirkten mit:
Im Zuge der Pandemie musste sich das Team ungeahnten Herausforderungen in der Planung und Konzeption des Festivals stellen, die ohne den Rückhalt der Sponsoren nicht zu meistern gewesen wären. Nur diese finanziellen Spielräume ermöglichten es dem Team das SEEKULT-Festival als Kunstintervention in die Friedrichshafener Innenstadt zu tragen, auf Ticketeinnahmen zu verzichten und es so für ein breites Publikum Kulturinteressierter zu öffnen.
Zu den Sponsoren gehörten:
Die Zeppelin Universitätsgesellschaft ZUG, die Student Lounge, das Oberschwäbische Elektrizitätswerk, die Stadtwerke am See, Gessler, das Café am Rathaus, das Blumenhaus Mayer, Seezeit und Meckatzer.
Auch möchten wir uns bei der Stadt Friedrichshafen, beim Stadtmarketing, dem Kulturbüro, dem Graf-Zeppelin-Haus und dem Zeppelin Museum für die Unterstützung in der Ermöglichung dieses Projekts bedanken.
Ein besonderer Dank gilt auch dem Haus der Kunst, München, sowie der Franz Erhard Walther Foundation, die uns freundlicherweise die Arbeit "Anwesenheit" zur Verfügung gestellt haben.
Ein großes Dankeschön an die Fotografen und Fotografinnen: