Im heutigen Alltagssprachgebrauch bezeichnet das Wort Apokalypse kaum mehr als das Ende der (oder einer spezifischen) Welt durch ihre Zerstörung. Das Erstehen einer neuen, erlösten Welt wird nicht mitgedacht; und wenn etwas an diesem Verständnis des Apokalyptischen zumindest faszinierend ist, dann ist es die Faszination der zu dieser Zerstörung führenden Gewaltakte; es ist die „tremenda maiestas“, die Rudolf Otto einst recht kitschiger Weise der Gewalt andichtete: ihre schreckliche Erhabenheit in hochtrabender Spielart (wie derjenigen einer „messianischen Gewalt“ [Walter Benjamin]) oder zumindest in der Spielart der Effektästhetik eines Films oder Videospiels. Hat das heutige Apokalyptische noch etwas von jener Offenbarung oder Enthüllung, der es seinen Namen verdankt, dann ist es nur noch in diesem Gewaltmoment zu suchen: Es offenbart sich selbst als Gewalt. Der Rest ist Sinnlosigkeit.
Der Vortrag stellt dem Begriff des Apokalyptischen zwei ältere Stadien seiner Geschichte entgegen, in denen das Verhältnis von Offenbarung und Gewalt gänzlich anders gefasst wurde. Im Dantejahr 2021 soll dabei der Hauptfokus neben der Johannesoffenbarung auf der Göttlichen Komödie liegen, die sich nicht nur als bessere Apokalypse, sondern auch als Versuch einer ihr entgegengesetzten Weltrettung lesen lässt.
Hinweis: Das Bild entstand bei einer früheren Ringvorlesung aus dem Jahr 2020. Bildnachweis: ZU/ Samuel Groesch