Sermo humilis. Das Einfache als das Wahre.
Kann das Einfache wahr sein, wo doch die Welt so kompliziert ist? Was spricht aus der Sehnsucht nach einfachen Wahrheiten? Vielleicht spricht aus ihr ein besonderer Stil des Denkens und des Sprechens. Den Beginn eines solchen Stils situierte der große Philologe Erich Auerbach in der Spätantike. Auerbach beschreibt das Problem, das in rhetorischer Komplexität geschulte Intellektuelle mit dem einfachen, oft niedrigen Sprachniveau der Bibel hatten. Die Antwort fanden sie im ‚sermo humilis‘, im demütigen Stil. Der Gestus des Einfachen, das das Wahre sein will, wird fortan prägend.
Der Vortrag umreißt Erfolg und Transformation dieses Gestus anhand literaturgeschichtlicher Schlaglichter (vor allem der Lutherbibel) und stellt die Frage nach Parallelen mit gegenwärtiger politischer Rhetorik.