Dr Thorsten Philipp | Im Dunkel aller Existenz: Dante Alighieris Jenseitsfahrt in die neun Kreise der Hölle
Bild: Zeichnung Göttliche Komödie Sandro Botticelli
Über die Ringvorlesung:
Naturwissenschaftler bezeichnen das gegenwärtige Erdzeitalter als Anthropozän. Sie verweisen so darauf, dass der Mensch selbst längst zum wichtigsten Einflussfaktor auf die Geologie des Planeten und das gesamte terrestrische Leben geworden ist. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Hybridisierung von Mensch und Technik, Mensch und Maschine und der wachsenden Bedeutung, die unterschiedlichen Formen künstlicher Intelligenz zukommt, wird zugleich auch immer unbestimmter, was mit der Rede von „dem Menschen“ gemeint sein könnte. Wird der Mensch zum Menschen durch spezifische Verhaltensformen und Kompetenzen oder durch die genetische Programmierung des Homo sapiens sapiens? Welche Rolle spielen in diesem Kontext Subjektivität und Individualität? Wie verhält sich die Rede vom Anthropozän zu jener von einem post-humanen Zeitalter?
In Film, Literatur, Musik und der Bildenden Kunst wird die conditio humana oft von ihrer vermeintlichen Rückseite her beleuchtet, ausgehend von dem etwa, was als unmenschlich gilt, als grausam, gewalttätig und schrecklich, als Gegenentwurf also zur humanistischen Vorstellung vom vernunftbegabten Wesen Mensch. So stellt auch der Philosoph Slavoj Žižek in seinem Band „Die politische Suspension des Ethischen“ die Frage nach der conditio humana ausgehend vom Unmenschlichen bzw. ausgehend von dem, was der Mensch nicht ist. Eines seiner Beispiele ist dabei Franz Kafkas Geschichte von Odradek – jener kleinen geheimnisvollen Gestalt, die spricht, lacht, atmet, und im Haus in unregelmäßigen Abständen auftaucht und wieder verschwindet. Sie gibt den Hausbewohnern Rätsel auf, weil unklar ist, ob sie als humanes Wesen zu behandeln ist. Ist sie im gleichen Sinne mit Leben erfüllt? Muss man sie fürchten?
Entlang von Filmen und Romanen, Musikstücken und Kunstwerken orientiert sich die Ringvorlesung „Ökologien des Menschlichen“ an zwei Themenschwerpunkten: Dem Unmenschlichen und der Thematik hybrider Körper und ihrer Identität.
Die Vortragsreihe versteht sich als Auftaktveranstaltung der Ausstellung „Möglichkeit Mensch. Körper | Sphären | Apparaturen“, die am Donnerstag, 28. April 2016 im Zeppelin Museum eröffnet wird. Sie wird gefördert von der Kulturstiftung des Bundes.
Über diesen Vortrag:
Geizige und Verschwender, Jähzornige und Untätige, Sektenführer, Gewalttäter und falsche Ratgeber: Dante Alighieris berühmtes Epos La Divina Commedia von 1321 ist in seinem ersten Teil – Inferno – ein Brennglas unwürdiger und doch zutiefst menschlicher Verfehlungen. Eine Begegnung mit den Verdammten und ihren Qualen entlang ihrer verderblichen Leidenschaften: Der Vortrag untersucht Dantes Inferno als historisches Weltgedächtnis, als Sinnbild menschlicher Selbstgefährdung, als innere Schau ewiger Verlorenheit und als Bewältigung frühneuzeitlicher conditio humana.
Thorsten Philipp ist Romanist und promovierter Politikwissenschaftler. Als Lehrbeauftragter an der Hochschule für Politik München, an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und an der Zeppelin Universität widmet er sich insbesondere den Themen Umwelt, Entwicklung und politische Kommunikation. An der ZU ist er Referent für Hochschulzugang & Diversität.
weitere Termine und Arbeitstitel:
Dienstag, 15. Mrz. 2016 | Prof Dr Maren Lehmann | J. C. Lavater: Von der Physiognomik
Dienstag, 22. Mrz. 2016 | Prof Dr Lorenz Engell | Stanley Kubrick: 2001
Dienstag, 05. Apr. 2016 | Prof Dr Dieter Thomä | Menschen oder wilde Tiere? Die Armen in Theorie und Literatur des 19. Jahrhunderts
Dienstag, 12. Apr. 2016 | Prof Dr Christiane Voss | Der Leihkörper des Films
Dienstag, 19. Apr. 2016 | Prof Dr Stephan Schmidt-Wulffen | Das choreografierte Ich - Gordon Matta Clark in seinem Werk
Dienstag, 26. Apr. 2016 | Prof Dr Eva Schürmann | Rene Magritte - Hybride Körper
Dienstag, 03. Mai 2016 | abschließende Veranstaltung
Gefördert durch die
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