In dem
Vortrag zum "Leihkörper des Films" geht es um eine Verschränkung von
philosophie- und medienästhetischer sowie medienanthropologischer
Sichtweisen auf die generische Funktion der bewegtbildlichen
Illusionsbildung im Kinodispositiv. Ausgehend davon, dass
kinematographische Illusion entgegen kulturindustriekritischer oder rein
semiotisch-hermeneutischer Lesarten keine Kategorie einer
aufklärungsbedürftigen, epistemischen Täuschung ist, sondern in der
Linie der Ästhetik des 18. Jahrhunderts – und zwar in Übereinstimmung
mit Illusionstheorien von Moses Mendelssohn und Friedrich Nietzsche –
als "durchschaute Täuschung" gefasst werden kann, rückt ihre
medienästhetisch autonome Funktionslogik und Wirkungsweise ins Zentrum.
Der Beitrag thematisiert im Kern daher folgendes:
a) Perspektiven
eines affekttheoretisch erweiterten Film- und Illusionsbegriffs, in
denen sich organische und technische Faktoren, qua Immersion, immer
schon kreuzen und b) den Aspekt der audiovisuellen, bewegtbildlichen
Hervorbringung einer emergenten Wahrnehmungsinstanz, die dem in sich
multimedialen Film eine hybride Quasi-Subjektivität ohne Eigentümer
zuzuschreiben erlaubt.
Für diese hybride Quasi-Subjektivität wurde in der Monographie und
einigen Aufsätzen der Vortragenden das Konzept des "Leihkörper des Films" entwickelt. Dieses lässt sich auch als ein Modell der affektiven
Verschränkung von Mensch und Medium für medienanthropologische
Überlegungen in Anspruch nehmen, aus der eine dritte Existenzform
hervorgeht. Die Möglichkeiten und Grenzen dieses Konzepts auszuloten und
seine Aufschlusskraft für medienanthropologische Fragen zu beleuchten,
sollen im Vortrag vertiefend diskutiert werden.
Christiane Voss
ist seit 2009 Professorin für die Philosophie audiovisueller Medien an
der Bauhaus Universität in Weimar. In ihrer Habilitation hat sie sich
mit der Ästhetik der Illusion befasst und auch zahlreiche Aufsätze zum
Thema veröffentlicht. Nebenbei ist sie als Dokumentarfilmemacherin
tätig.