01.08.2015

Alois Clemens Lageder

Wie findet man die richtige Balance zwischen seinem eigenen persönlichen Weg und der Familientradition – insbesondere wenn der eigene Vater bereits als „Bio-Pionier“ Geschichte geschrieben hat? Welchen Ausbildungsweg wählt man, wenn man in sechster Generation in eine bekannte Weinbau-Dynastie hineingeboren wird, deren Tradition bis ins Jahr 1823 zurückgeht? Für Alois Clemens Lageder waren diese Fragen schon immer präsent. Darauf hat der baldige Absolvent des „Executive Master for Family Entrepreneurship | eMA FESH“ – wie es Pioniere typischerweise tun – ganz eigene Antworten gefunden.



Während der klassische nächste Schritt für einen Winzersohn nach dem Abitur – übrigens mit einem humanistisch-altsprachlichen Schwerpunkt – die Winzerlehre gewesen wäre, entschied sich Alois Clemens Lageder zunächst einmal für die Arbeit mit Obdachlosen und HIV-Infizierten, verbesserte sein Französisch in Paris und folgte dann seiner Leidenschaft für humanistische Fragen. Dies führte ihn an die Universität Zürich, wo er seinen Bachelor in Soziologie mit Nebenfach Geschichte der Neuzeit absolvierte. „In meinem letzten Studienjahr in Zürich weckte die Anthroprosophie Rudolf Steiners und die von ihm begründete biologisch-dynamische Bewirtschaftung Neugierde in mir“, berichtet Lageder. „Das Thema hat mich seitdem nicht mehr losgelassen und hat unter anderem dazu geführt, dass ich mich schrittweise auch unserem Familienbetrieb und den Ansätzen meines Vaters näherte.“


Denn wenn über bio-dynamischen Weinanbau gesprochen wird, dann fällt zwangsläufig der Name seines Vaters: Alois Lageder. Dieser entschied sich 2003 – geprägt vom familiär gelernten Respekt vor Natur und Umwelt – für bio-dynamisches Wirtschaften nach Rudolf Steiner und damit für einen Weg ohne Kompromisse und Abkürzungen. Die ersten Bausteine hatte der Vater allerdings bereits in den 1990er Jahren gelegt, als ihn noch viele Winzerkollegen als „Öko-Spinner“ belächelten. Schon damals setzte das Weingut auf Ökologie und alternative Energiekonzepte.


Jetzt also doch noch eine Winzerlehre oder gar ein Weinbau-Studium? Fast! Denn tatsächlich ging der Junior Alois Clemens vorerst für ein Jahr an die Winzer-Nachwuchsschmiede ins hessische Geisenheim und absolvierte anschließend noch ein Semester Önologie an der Université de Bourgogne in Dijon. „Neben der fachlichen Weiterentwicklung ließ mich aber das Thema alternative Landwirtschaft weiterhin nicht los. Ich beschäftigte mich mehr und mehr auch mit alternativen Wirtschaftsformen, was für mich schlicht und einfach eine logische Weiterentwicklung der Ideen von Rudolf Steiner ist“, erläutert Lageder. „Gleichzeitig wurde mir damals aber auch bewusst, dass ich bislang nur sehr wenig theoretischen Einblick in Themen wie klassische Betriebswirtschaftslehre und Unternehmertum bekommen hatte.“


Das Thema Nachfolge im Weingut war für ihn zu dem Zeitpunkt gefühlt zwar noch sehr weit weg, aber der eMA FESH an der ZU als berufsbegleitender Master speziell für Nachfolger und Führungskräfte aus Familienunternehmen konzipiert genau das, was er suchte. Allerdings auch hier in einer ungewöhnlichen Variante: Während die Mehrheit der eMA FESH-Studierenden zwischen den Seminarmodulen in den jeweiligen Familienbetrieben arbeitet, zog es ihn aufgrund seines starken Interesses für alternative Wirtschaftskonzepte zur OIKOPOLIS-Gruppe nach Luxemburg.


Der Name ist dabei Programm: Denn der Begriff Oikopolis setzt sich zusammen aus den altgriechischen Wörtern „oikos“ für Haus- und Wirtschaftsgemeinschaft und „polis“ für eine antike Form der Bürgergemeinde. „In Luxemburg hatte ich Gelegenheit, mir vor Ort als Mitarbeiter ein Bild von einer Bio-Vermarktungsstelle zu machen, die das Ziel hat, nachhaltige Landwirtschaft durch die Integration der vor- und nachgelagerten Betriebe entlang der gesamten Wertschöpfungskette auch organisatorisch umzusetzen. Und das nicht allein, um dem Umweltgedanken gerecht zu werden, sondern auch, um ein korrektes Gleichgewicht innerhalb der Wertschöpfung zwischen den Produzenten, Verarbeitern, Händlern und Verbrauchern zu erreichen“, erzählt Lageder. Ein Ansatz, der angesichts des harten Wettbewerbs auf dem Lebensmittelmarkt und dem vorherrschenden Preisdruck nicht nur Befürworter hat.


Entsprechend intensiv waren oft auch die Diskussionen während der berufsbegleitenden Seminarwochen im eMA FESH an der ZU, wo sich die Nachfolger aufgrund der kleinen Seminargruppen und des vertraulichen Miteinanders sehr intensiv über ihre jeweiligen Erfahrungen und persönlichen Situationen austauschen. „Im eMA FESH treffen sich Mitglieder aus Unternehmerfamilien, die sich proaktiv und auch ernsthaft mit der Zukunft des jeweiligen Familienunternehmens auseinandersetzen wollen. Man spürt bei allen ein großes Maß an Verantwortungsbewusstsein und auch Demut gegenüber dem Unternehmen, und zwar unabhängig von der Branche oder der Größe der Firma“, sagt Lageder.


Ungefähr ein Jahr nach seinem Start im eMA FESH trat das Thema Nachfolge – also der Einstieg von Alois Clemens Lageder als sechste Generation des Weinguts – dann doch schneller auf den Plan als gedacht. Parallel zum Einstieg in den internationalen Vertrieb und Reisen zu Partnern und Händlern stand aber noch die Master-Thesis an. In seiner Abschlussarbeit befasste er sich mit dem Thema „Interdisziplinäre Chancen und Grenzen des assoziativen Wirtschaftens“, sprich mit vertikalen Kooperationsmodellen in der Landwirtschaft. „Das Umsetzen der theoretischen Ideen aus meiner wissenschaftlichen Arbeit in meiner Heimat Südtirol ist sicherlich die Vision eines Pioniers, die mich noch lange begleiten wird“, sagt Lageder.


Als Nachfolger alte Werte bewahren und neue Wege erkunden: Diese Familientradition will Alois Clemens Lageder aufrechterhalten, gleichzeitig aber seine interdisziplinären Fragen und die Neugier auf neue Perspektiven behalten. Er und seine Familie schauen sowieso sehr gerne auch über das Thema Wein hinaus: So werden Kunstprojekte organisiert, Konzerte abgehalten und kulturelle Begegnungen ermöglicht.

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