01.07.2014

Julian Dahlbender

Das Leben von Julian Dahlbender kann durchaus als abwechslungsreich bezeichnet werden, verlief es doch bisher an der Schnittstelle von Politik, Wirtschaft und Kultur. Politik, weil er als Jugendlicher im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) umweltpolitisch aktiv war und maßgeblichen Anteil daran hatte, einen regionalen Anti-Atom-Widerstand wiederzubeleben. Wirtschaft, weil er bis über das Vordiplom hinaus ein BWL-Studium in Augsburg absolvierte. Kultur, weil er heute an der ZU im vierten Semester den Studiengang CCM studiert und schon immer ein besonderes Faible für Themen rund um Popkultur und Massenmedien hat.



Dass sich bei Julian Dahlbender ein ausgeprägtes Interesse für Politik, Wirtschaft und Kultur entwickelt hat, hat einen einfachen Grund: Er ist damit aufgewachsen. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir jemals beim Frühstück oder Abendessen als Familie zusammensaßen und nicht über politische, wirtschaftliche oder kulturelle Themen diskutiert haben“, blickt Dahlbender zurück. Und das lag vor allem an der beruflichen Situation seiner Eltern. Der Vater ein habilitierter Neurologe und Psychiater, die Mutter eine promovierte Biologin, die seit geraumer Zeit in der Politik aktiv ist: So betreibt sie als Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg umweltpolitische Lobbyismusarbeit und sitzt demnächst im Ulmer Stadtrat – was sich wiederum unmittelbar auf den Familienalltag auswirkte. „Die Einsatzzentrale von Stuttgart 21 war unser Küchentisch“, formuliert Dahlbender etwas überspitzt.


Mit 13 Jahren begann Julian Dahlbender selbst beim BUND aktiv zu werden. „Ich wollte mich unbedingt umweltpolitisch engagieren, denn Biodiversität und Umweltschutz waren Themen, mit denen ich nicht nur täglich in meiner Kindheit und Jugend in Berührung kam, sondern die mir auch wirklich am Herzen lagen“, sagt er. Doch das erste Treffen einer Jugendgruppe verlief für ihn enttäuschend: „Ich sah nur junge, weltbewegte Menschen, die mit nichts anderem als mit ihrer eigenen Alternativität beschäftigt waren. Das hatte nicht das Geringste mit Politik zu tun“, erzählt Dahlbender. Da kam gerade zur rechten Zeit ein brisantes Thema auf die Agenda der damals rot-grünen Bundesregierung: die Verlängerung der Laufzeitgenehmigung für Atommüll-Zwischenlager. „Ich und eine Freundin haben das Thema dann zum Anlass genommen, um den Anti-Atom-Widerstand in unserer Region wiederzubeleben“, sagt Dahlbender. „Und das mit Erfolg: Wir haben Flugblätter verteilt, Demonstrationen veranstaltet, und wir haben es tatsächlich geschafft, im Großraum Ulm den Widerstand im bürgerlichen Lager zeitweise wiederherzustellen und ein gesteigertes Bewusstsein für das Thema zu schaffen“, berichtet Dahlbender.


Doch der ständige Kampf mit der Bürokratie und der Sturheit Anderer, die Erkenntnis, dass sich nichts von heute auf morgen verändern lässt, sondern viel Geduld gefragt ist, ließen Dahlbender nach und nach Abstand nehmen von seiner Arbeit beim BUND. Zudem war er nun in einem Alter, in dem andere Interessen in den Vordergrund drängen: Nachtleben, Musik und Kultur waren jetzt angesagt. „Doch für mich stand relativ schnell fest, dass ich nicht nur selbst feiern gehen will, sondern auch eigene Partys und Konzerte auf die Beine stellen möchte“, sagt er. Gesagt, getan: Über zwei Jahre hinweg leitete er ehrenamtlich mit einigen Freunden sehr erfolgreich einen Club. „Wir haben uns nie auf die aktuellen Hypes der Musikszene konzentriert, sondern versucht, qualitativ am Puls der Zeit zu sein: Das war letztlich unser Erfolgsrezept“, erzählt Dahlbender. „Auch für meine persönliche Weiterentwicklung war diese Zeit ganz entscheidend. Sich etwas in den Kopf zu setzen, dieses dann umzusetzen und dabei Erfolg zu haben, das hat mir viel Selbstvertrauen gegeben.“


Zwei Jahre dauerte die offizielle Mitarbeit in dem Club, dann schieden die wichtigsten Freunde aus, und der CVJM, juristischer Träger des Clubs, sah eine Neuausrichtung für die Zukunft vor. „Ich wollte weiterhin im kulturellen Bereich arbeiten und habe geschaut, wo ich mich weiterentwickeln kann“, erklärt Dahlbender. So folgte eine Tätigkeit bei Radio free FM, einem freien Bürgerradio. Dort war er für die Strategieentwicklung und die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich, alles andere als ein leichter Job. „Die Programmstruktur war nicht vermarktbar, und ich war einfach zu jung und unerfahren, um mich gegen die renitenten Ansichten der anderen Mitarbeiter zu behaupten", resümiert Dahlbender. Doch die Zeit beim Radio hatte auch was Gutes: „Mit dem Engagement beim Radio verfolgte ich auch das Ziel, mich mit möglichst vielen Leuten in der Stadt zu vernetzen und die eine oder andere Veranstaltungsreihe wiederzubeleben“, erzählt er. „Das hat wunderbar geklappt.“


Dank seiner weitreichenden Kontakte begann er, parallel zum Radio unternehmerisch tätig zu werden. So führte er eigene Veranstaltungen durch und organisierte Konzerte, Clubabende und Promo-Aktionen. „Doch als die Projekte immer größer wurden, war ich mit meinen unternehmerischen Kenntnissen an einem Punkt angekommen, an dem ich nicht mehr weiter wusste. Die nächsten Herausforderungen hätte ich allein mit meinem Talent nicht mehr stemmen können“, räumt Dahlbender ein. Daher entschloss er sich zu einem BWL-Studium in Augsburg und ließ die Ulmer Kulturszene hinter sich.


Was er noch nicht wusste: Das BWL-Studium sollte sich für ihn als „mittlere Katastrophe“ herausstellen. „Wenn ich zurückblicke, dann muss ich ganz klar zugeben, dass das nicht meine Welt war“, gibt Dahlbender zu. „Stumpfes Auswendiglernen von Folien, Lehrveranstaltungen, die über zwei Hörsäle verteilt stattfinden: Das war nicht das, was ich mir unter einem Studium vorgestellt habe.“ Getreu dem Motto „Vier gewinnt“ quälte er sich durch das Grundstudium und bestand „mehr schlecht als recht“ das Vordiplom. Nach zwei Semestern im Hauptstudium war es dann soweit: Julian Dahlbender brach sein Studium ab. „Im Hauptstudium hatte ich bereits alle Hoffnungen und Ansprüche an die eigene Selbstverwirklichung aufgegeben“, konstatiert er. Die Zeit nach dem Studienabbruch führte dann zu einer Sinn- und Schaffenskrise. „Ich wollte das Studium unbedingt durchziehen, wollte mir selbst etwas beweisen. Daher fiel es mir ungemein schwer, mir einzugestehen, dass der Studienabbruch der einzige Weg ist. Ich hatte sehr zu knabbern an dieser Niederlage“, sagt Dahlbender. Und auch die Kulturszene in Ulm hatte sich unterdessen gewandelt, die über Jahre aufgebauten Kontakte waren plötzlich nichts mehr wert. „Ich stand mit dem Gefühl da, nichts erreicht zu haben“, erläutert er.


Dahlbender nahm sich Zeit, um zu überlegen, wie es in seinem Leben beruflich weitergehen soll. „Nach einiger Bedenkzeit war mir klar, dass ich gerne ein Studium mit Schwerpunkt Kultur- und Medienwissenschaften aufnehmen möchte“, erzählt er. Doch die ersten Eindrücke von den Fachhochschulen und Universitäten, an denen solche Studiengänge angeboten wurden, waren ernüchternd. „Ich fühlte mich anschließend völlig leer und hatte für mich vorerst ein weiteres Studium ad acta gelegt“, sagt er. Erst der Versuch seiner Schwester, ihn doch noch für ein Studium zu begeistern, brachte die Wende. „Sie gab mir eine Liste von kultur- und medienwissenschaftlichen Studiengängen und sagte: ,Jetzt ist Schluss mit der Trauerkloß-Zeit!‘ Darauf stand dann auch der CCM-Studiengang der ZU. Also habe ich mir die Universität und die Studieninhalte genauer angeschaut und mit der Zeit wurde mir die ZU immer sympathischer“, erzählt Dahlbender.


So bewarb er sich auf einen CCM-Studienplatz, bewältigte den Auswahltag und wurde angenommen. Bis heute hat er seine Entscheidung nicht bereut, fühlt sich an der ZU pudelwohl: „Ich habe jetzt die Chance, mein Faible für Popkultur und Medien aller Art auf einer wissenschaftlichen Ebene auszuleben“, sagt Dahlbender. „Und ich bin total von der ZU überzeugt: Ob die angebotenen Partizipations- und Entfaltungsmöglichkeiten, worüber und wie nachgedacht wird oder die Leistungsbereitschaft der Kommilitonen, die aus Spaß an der Materie auch mal eine Schippe drauflegen, um eine Sache auch bis zum Ende durchzuziehen.“


Für Julian Dahlbender war es keine Frage, sich von Anfang an auch an studentischen Projekten zu beteiligen. „Doch erst einmal habe ich mir die Projekte und Initiativen der ZU-Studierenden genauer angeschaut, immer mit den Fragen im Hinterkopf: Wo will ich mitwirken? Wo besteht Bedarf?“, sagt er. Weil er bereits beim Radio tätig war, kam ihm sogleich das studentische Internet-Radio „Welle20“ in den Sinn. „Dabei konnte ich auf meinen Erfahrungspool zurückgreifen und so viele erprobte Aspekte in einem anderen Umfeld neu einbringen“, erzählt Dahlbender, der seit dem Herbstsemester 2013 erster Vorstand von „Welle20“ ist. Und sein Einsatz hat sich ausgezahlt: Die Zuhörerzahlen haben sich vervielfacht. „Zum einen haben wir den mitwirkenden Kommilitonen mehr Freiräume bei der Themenauswahl eingeräumt. Seither zeigen sie viel mehr Engagement, was sich wiederum positiv auf das Niveau der Sendungen auswirkt. Zum anderen vertreiben wir die Sendungen als Podcasts und Streams, was der Zeitlichkeit des Mediums Internet besser gerecht wird. Das Ergebnis: Mehr Leute hören zu, hören nach und reagieren auf die Inhalte der Sendungen“, skizziert Dahlbender das Konzept. Es sind auch schon zwei neue Sendeformate geplant: „In Kooperation mit ZU|Daily möchten wir gerne Wissenschaftler und ihre Forschung näher vorstellen, und in einer weiteren Sendereihe wollen wir Mitarbeiter der ZU porträtieren. Aber das ist noch Zukunftsmusik.“


Selbstverständlich ist Julian Dahlbender auch ganz weit vorne mit dabei, wenn es um die Organisation einer Studi-Party geht. Darüber hinaus unterstützt er die ZU bei der Bewerberberatung, beim Auswahlverfahren „Pioneers Wanted!“ oder bei Führungen durch die ContainerUniversität: „Das mache ich, weil ich der ZU etwas zurückgeben möchte. Denn ich bin sehr dankbar, dass ich hier sein darf und so meinen Neuanfang machen kann. Jeder hier ermutigt mich darin“, erklärt Dahlbender.


Und wie sieht die berufliche Zukunft aus? „Ich kann mir für meinen späteren beruflichen Werdegang sehr gut vorstellen, an das Bachelor- ein Master-Studium anzuhängen und anschließend auch zu promovieren. So könnte ich in meiner intellektuellen Wohlfühlblase bleiben und weiter an Themen arbeiten, die ich spannend finde“, sagt er. Einen ersten Schritt in diese Richtung hat er jedenfalls getan. So ist er am Lehrstuhl für Allgemeine Medien- und Kommunikationswissenschaft als studentische Hilfskraft angestellt. Dort arbeitet er gerade an der Vorbereitung eines Forschungsprojekts, das sich mit der Herstellung von Öffentlichkeit in Social Media befasst. „Doch am allerliebsten möchte ich später als Strategieberater für Spieleentwickler, Musiklabels oder Filmproduktionsfirmen tätig sein, für Unternehmen also, die sich in irgendeiner Weise mit populärer und Massenunterhaltung beschäftigen“, verrät Dahlbender.

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