Zur Förderung des Frauenanteils in Führungspositionen verpflichtet der deutsche Gesetzgeber Unternehmen mit über 500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Zielgrößen festzulegen für den Frauenanteil auf zweiter und dritter Führungsebene und darüber transparent zu berichten. Die Unternehmen können die Zielgrößen mit hoher Flexibilität selbst wählen, sind aber aufgefordert, sich mit dem Thema verbindlich auseinanderzusetzen und die aktuelle Unternehmenskultur zu reflektieren.
„Flexible Zielgrößen sind
ein sehr potenzialreiches, innovatives Instrument für die
Personalentwicklung, Arbeitgeberattraktivität und soziale
Nachhaltigkeit. Es geht hier explizit nicht um fixe Quoten, sondern
flexibel wählbare Ziele mit Blick auf die bestehende
Unternehmenssituation“, erläutert Professor Dr. Ulf Papenfuß vom
Lehrstuhl für Public Management & Public Policy an der ZU.
Eine von Ulf Papenfuß und seinem
Lehrstuhlteam veröffentlichte Studie hat die Berichterstattung und Höhe
von Zielgrößen für den Frauenanteil auf zweiter und dritter
Führungsebene bei 191 öffentlichen Unternehmen analysiert. Die
untersuchten Unternehmen beschäftigen über 500 Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer, befinden sich in den je fünf größten Städten pro
Bundesland (69 Städte insgesamt) und sind zuständig in allen föderalen
Ebenen der Länder als auch auf Bundesebene. Die Studie zeigt außerdem
Gestaltungsperspektiven auf.
Im Widerspruch zu den besonderen Anforderungen zeigen die Studienergebnisse, dass 36,6 Prozent der Unternehmen (70) sich nicht an die gesetzlichen Berichtspflichten halten und keine Transparenz gewährleisten. Die Unternehmen und politisch Verantwortlichen sind nach der Studie aufgefordert, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu gewährleisten. Dies ist für Vertrauen in den Staat und öffentliche Institutionen ein zentraler Faktor.
Bei der Höhe der Zielgrößen für die zweite und dritte
Führungsebene liegt die durchschnittliche Zielgröße bei 25,5 Prozent.
Bei 14,8 Prozent der Unternehmen liegt die Zielgröße unter 10 Prozent,
bei 7,3 Prozent der Unternehmen bei 0 Prozent. Rund ein Drittel der
Unternehmen setzt eine Zielgröße unter dem aktuellen Status quo.
Zudem
bestehen substanzielle Unterschiede nicht nur zwischen Branchen,
sondern in bemerkenswerter Weise auch innerhalb von Branchen. In der
Gesamtschau sind die Unternehmen von den in Gesetzesbegründungen und von
der Politik formulierten Zielen weit entfernt. Die Befunde liefern sehr
wichtige Einblicke und Gestaltungsansätze für die Besetzung von
Führungspositionen auf zweiter und dritter Ebene als auch für
Geschäftsführungsorgane und Vorstände.
„Aufgrund der festgestellten Verbesserungsbedarfe sind viele Maßnahmen und ‚Kulturarbeit‘ erforderlich. Eine sehr hilfreiche Maßnahme ist in jeder Gebietskörperschaft zeitnah einen ‚Public Corporate Governance Kodex‘ mit entsprechenden Regelungen zu Zielgrößen einzuführen, um wichtige ergänzende Hinweise zu geben, die Anforderungen für öffentliche Unternehmen in öffentlicher Rechtsform und verschiedener Größe zu übertragen und die Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen zu fördern“, resümiert Papenfuß.
In der Debatte um verantwortungsvolle
Unternehmensführung und einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in
Führungspositionen wird öffentlichen Unternehmen eine besondere
Vorbildfunktion zugewiesen. Öffentliche Unternehmen übernehmen wichtige
Aufgaben für die nachhaltige Daseinsvorsorge und kritische
Infrastruktur. Aktuell wird im Kontext der Bewältigung der Auswirkungen
des Ukraine-Krieges verstärkt über Verstaatlichungen diskutiert.
Die
Studie wurde von der AKDB – Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in
Bayern und der Förderbank Baden-Württemberg (L-Bank) gefördert und bei
der Diskussion des Themas in der Praxis begleitet.
Die vollständige Studie zum Download finden Sie unter puma.zu.de