Die Spitzenpositionen öffentlicher Unternehmen bleiben wie in der Privatwirtschaft in Baden-Württemberg weiterhin fest in den Händen von Männern – Frauen sind dort nach wie vor deutlich unterrepräsentiert und auch die Entwicklung stagniert. Mit einem Rückgang um 1,2 Prozentpunkte zum Vorjahr auf einen Anteil von nun gerade einmal 15,9 Prozent besetzen baden-württembergische kommunale Unternehmen im Schnitt nur jede sechste Top-Managementposition mit einer Frau. Baden-Württemberg belegt damit erneut den 11. Platz im Vergleich aller 16 Bundesländer mit einem Durchschnittsgesamtwert von 19,5 Prozent. Dies geht aus einer aktuellen Studie der ZU hervor.
Auch im bundesweiten Schnitt ist erstmals seit Studienbeginn 2018 ein marginaler Rückgang von 0,2 Prozentpunkten bei Frauen in Top-Managementpositionen öffentlicher Unternehmen zu verzeichnen. Allerdings sind die Entwicklungsunterschiede im Städtevergleich weiter erheblich. Wie im Vorjahr wurden vakante Top-Managementpositionen häufiger mit Männern neu besetzt; nur bei 13,8 Prozent kam es bei einer zuvor männlich besetzten Position zu einem Wechsel zu einer Frau.
„Besonders bemerkenswert ist, dass in einigen Städten kontinuierliche Anstiege bei der Repräsentation vorliegen, dagegen in vielen anderen Städten die Entwicklung weiter stagniert oder in einigen Städten sogar rückläufig ist“, resümiert Professor Dr. Ulf Papenfuß, Inhaber des Lehrstuhls für Public Management & Public Policy an der ZU. Er verweist auf das gerade erst im Juni von Bundestag und Bundesrat beschlossene Zweite Führungspositionen-Gesetz. Danach muss in börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen mit mehr als drei Top-Managementmitgliedern und bei Bundesunternehmen mit mehr als zwei Top-Managementmitgliedern mindestens eine Frau vertreten sein. „Mit Blick auf das Zweite Führungspositionen-Gesetz und die empirischen Befunde dieser Studie drängt sich die Frage auf, inwieweit diese Anforderungen für öffentliche Unternehmen in der Breite in Public Corporate Governance Kodizes oder Gesetzen etabliert werden können“, sagt Papenfuß.
Den aktuellen Status quo bei der Entwicklung der Repräsentation von Frauen in öffentlichen Unternehmen hat Papenfuß und sein Forscherteam erneut untersucht. Im März und April haben sie in allen 16 Bundesländern die Daten von 69 Städten und 1466 Unternehmen mit 2165 Führungskräften auf Frauen in leitenden Organen wie Geschäftsführung, Geschäftsleitung und Vorstand durchleuchtet. Einbezogen waren neben den Landeshauptstädten und den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen auch die jeweils vier größten Städte der Länder. Das Forscherteam richtete dabei den Blick auf insgesamt 20 Branchen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, wie etwa Abfallwirtschaft, Krankenhäuser, Messen, öffentlicher Personennahverkehr, Sozialeinrichtungen oder Stadtwerke. Erstmalig werden auch öffentliche Unternehmen der Bundes-/Landesebene in die Studie einbezogen.
Den höchsten Anteil an Frauen im Top-Management erreichten abermals die Städte ostdeutscher Bundesländer: in Brandenburg (22,4 Prozent), Sachsen (22,9 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (25,9 Prozent), und Thüringen (26,7 Prozent). Während auch die Stadtstaaten Berlin (35,7 Prozent) und Bremen (24,3 Prozent) ihre Spitzenpositionen beibehielten, bildeten die Städte in Niedersachsen (11,8 Prozent) vor Schleswig-Holstein (10,6 Prozent) und Rheinland-Pfalz (10,4 Prozent) die Schlusslichter.
In der Gruppe der 69 untersuchten Städte belegt von den baden-württembergischen Städten wie in den Vorjahren Freiburg mit einem Anteil von 33,3 Prozent einen Platz an der Spitze und Karlsruhe mit 21,9 Prozent einen Platz in der oberen Hälfte. Mannheim befindet sich mit 16,3 Prozent und einem Rückgang um 2,1 Prozentpunkte noch im Mittelfeld, wohingegen Stuttgart mit 6,5 Prozent und einem Rückgang um 2,3 Prozentpunkte und Heidelberg mit unveränderten 0 Prozent mit im Vergleich deutlich abgeschlagen ist. Unverändert im Vergleich zum Vorjahr ist Offenbach am Main (47,8 Prozent) die Stadt mit dem höchsten Anteil. Insgesamt gestaltet sich die Entwicklung der Repräsentation von Frauen in Top-Managementorganen zwischen den Städten sehr unterschiedlich mit einer weiter zunehmenden Spreizung zwischen Gebietskörperschaften hoher und sehr niedriger Frauenrepräsentationen.
„Insgesamt zeigen die Zahlen, dass etwas getan werden muss, wenn die Politik, die von ihr formulierten Ziele zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern ernst nimmt“, resümiert Papenfuß. „Ein zentraler Schritt ist die Etablierung eines Public Corporate Governance Kodex in jeder Gebietskörperschaft, in dem formuliert ist, dass das Top-Management auch für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb der Unternehmensspitze Zielgrößen festlegen und jährlich darüber auf der Unternehmenshomepage berichten soll. So sieht es auch der Deutsche Public Corporate Governance-Musterkodex der Expertenkommission vor.“
Die Studie wurde vom „zfm – Zentrum für Management und Personalberatung“ in Bonn, der „Stiftung Flexible Arbeitswelt“ und der „AKDB – Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern“ gefördert und bei der Diskussion des Themas in der Praxis begleitet.
Die vollständige Studie zum Nachlesen unter puma.zu.de