In Zeiten der Corona-Pandemie sind digitale Formate für Kulturschaffende der einzige Weg, überhaupt noch ein Publikum zu erreichen und weiterhin zu binden. Welche Angebote aber wie wirken und welche tatsächlich zukunftsfähig sein könnten, ist bisher weitgehend unerforscht. Das internationale Forschungsprojekt „Digital Concert Experience“ unter Federführung der ZU will dies nun ändern.
In den vergangenen Jahren haben immer mehr Konzerthäuser, Festivals und private Anbieter audiovisuelle (Live-)Streaming-Angebote entwickelt. Ursprünglich war der Beweggrund, die Krise des klassischen Konzerts zu überwinden oder neue Geschäftsmodelle zu lancieren. Dabei stand häufig die Annahme im Vordergrund, dass durch digitale Angebote ein neues und jüngeres Publikum erreicht werden kann, das sonst kein Live-Konzert besucht hätte. „Im Zuge der Corona-Pandemie verändert sich jedoch diese Sichtweise: Aus der puren Not heraus ist eine Vielzahl weiterer Streaming-Angebote entstanden“, erläutert Professor Dr. Martin Tröndle, Inhaber des WÜRTH Lehrstuhls für Kulturproduktion an der ZU, den aktuellen Hintergrund des neuen Forschungsprojekts. Auch wie sich das Konzertwesen unter dem rasanten Druck des digitalen Wandels weiterhin als Kulturform und soziales Forum behaupten könne, sei für Künstlerinnen und Künstler sowie Veranstalter und die Kulturpolitik eine aktuelle und wesentliche Frage.
Das Forschungsprojekt geht dabei konkret der Frage nach, wie klassische Kulturangebote im virtuellen Raum stattfinden können und vom Publikum aufgenommen werden. Um dies experimentell zu untersuchen, hat das Forschungsteam einen Konzertfilm produziert, in dem ein renommiertes Streichquintett Werke von Ludwig van Beethoven, Brett Dean und Johannes Brahms aufführt. Im Forschungsprojekt soll nun die Wirkung dieses Films auf das virtuelle Publikum unter sechs verschiedenen Streaming-Varianten untersucht werden.
Beteiligt an dem Forschungsprojekt sind neben der ZU das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik in Frankfurt am Main, die Universität Bern in der Schweiz und die University of York in Großbritannien. Gefördert wird es von der VolkswagenStiftung und der Aventis Foundation. Der Deutsche Musikrat ist Partner des Forschungsprojekts.
Es schließt an eine weitere, großangelegte Studie derselben Forschungsgruppe unter dem Titel „Experimental Concert Research“ an, die 2019 in Kooperation mit dem radialsystem V und dem Pierre Boulez Saal in Berlin gestartet ist. Dabei geht es um nicht weniger als die Vermessung des Konzerterlebens, indem mittels ausführlicher Vor- und Nachbefragungen, Messungen der Herzrate und des Hautleitwerts, der Bewegungen wie auch emotionaler Zustände und anderem das ästhetische Erleben der Musik grundlegend untersucht wird.
Weitere Informationen und Möglichkeit zu Teilnahme am Experiment unter https://digital-concert-experience.org