Wer aus dem 18.000-Einwohner starken Städtchen Heusenstamm kommt, landet in Friedrichshafen fast in einer Großstadt. Zugegeben: Mit der Kehrwoche tut sich Alina Zimmermann manches Mal noch schwer. Doch nach drei Semestern hat sich die 21-Jährige am Bodensee eingelebt und bringt sich sowohl an der ZU als auch in der Region tatkräftig ein – sei es als Ortsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Redaktionsassistentin des Online-Magazins ZU|Daily oder Organisatorin von Simulationen der Vereinten Nationen.
„Ich weiß gar nicht genau wieso“, überlegt Zimmermann, „aber Politik hat mich schon immer fasziniert.“ Die Gelegenheiten, die ihr politisches Interesse geweckt haben könnten, sind vielfältig: ein Vater, der seit vielen Jahren als grüner Fraktionsvorsitzender auf kommunaler Ebene aktiv ist, ein Politiklehrer, der seine Schüler mit frischem Unterricht begeisterte, oder das eigene Engagement in der Schulkonferenz. So stand schon vor ihrem Abitur im Juni 2013 fest: Ein politisches Studium an der ZU soll es sein.
Seit dem Herbstsemester 2013 studiert Alina Zimmermann den Bachelor-Studiengang „Politics, Administration & International Relations“. Dabei ist am Ende ihres dritten Semesters das Interesse für politische Prozesse keineswegs geschmälert. Dieses Interesse verfolgt sie nicht nur in ihren Kursen sondern auch außerhalb des Studiums tatkräftig. Besonders angetan haben es ihr Simulationen der Vereinten Nationen — sogenannte „Model United Nations“-Konferenzen, auf denen Studierende aus aller Welt in die Rolle von Diplomaten schlüpfen und gemeinsam Lösungen für die Probleme unserer Zeit entwerfen. Seit Beginn ihres Studiums ist Zimmermann Mitglied des „Club of International Politics“ und bringt sich besonders in der „Zeppelin MUN Society“ ein. „Dort arbeiten wir regelmäßig an unseren Kenntnissen und rhetorischen Fähigkeiten, um nach intensiver Vorbereitung Teil einer internationalen Simulation zu werden“, erläutert sie. Im Februar 2014 flog Zimmermann mit einer achtköpfigen Delegation nach London zur größten Simulation der Vereinten Nationen in Europa. Dort vertrat sie die Republik Jemen in der Liga der Arabischen Staaten, um die Rolle der Frau im Arabischen Frühling zu debattieren. „Ein Land in einem Gremium zu repräsentieren war ein wirklich spannendes Erlebnis, aus dem ich auch für mein Studium eine Menge mitnehmen konnte“, erinnert sich Zimmermann an die Zeit in London.
Nach ihrer Rückkehr war das Interesse für MUN-Konferenzen endgültig geweckt und drei Monate später besuchte Zimmermann das Planspiel „Model United Nations Baden-Württemberg“ in Stuttgart — eine jährliche Konferenz für 400 Schüler aus einem Dutzend Staaten. Für die kommende Konferenz im Mai 2015 betreut sie die Teilnehmer und unterstützt vor Ort die Öffentlichkeitsarbeit. „Mir liegt es besonders am Herzen, die so wichtigen und gleichzeitig so komplexen Vereinten Nationen am spielerischen Beispiel greifbar zu machen“, beschreibt Zimmermann.
Doch nicht nur in den simulierten Gremien der Vereinten Nationen ist politisches Engagement für Zimmermann eine Herzensangelegenheit – denn seit einigen Wochen ist sie auch direkt vor der Haustür engagiert. Als neue Vorsitzende des Ortsverbandes von Bündnis 90/Die Grünen leitet Zimmermann in einem Vierergespann seit Oktober 2014 die kommunale Arbeit. Knapp ein Jahr nach ihrem Eintritt in die Partei hat sie die Chance ergriffen, „reale Politik auf kommunaler Ebene aktiv voranzutreiben“, wie sie sagt. Denn Gründe und Themen gibt es dafür genug. „Auf Bundesebene beschäftigen mich besonders die Unterbringung und Integration von Asylbewerbern oder die Gleichstellung von Mann und Frau. Gerade die Diskussion über die Frauenquote verfolge ich gespannt. Aber auch im Alltag begegnen mir politische Themen wie die Wohnungssituation in Friedrichshafen oder der Austausch zwischen den Universitäten und der Stadt. Genau hier möchte ich in den kommenden Monaten anpacken.“ Um Interessenten und Bürger gleichermaßen einzubinden, plant Zimmermann regelmäßige Stammtische, Podiumsdiskussionen mit Landtags- und Bundestagsabgeordneten und Gesprächsrunden zu aktuellen Themen aus Stadt, Land und Bund.
Auch vor ihrer Wahl war sie immer wieder in politischer Mission unterwegs. Um nach dem Abitur Praxisluft zu schnuppern, absolvierte sie im Sommer 2013 ein achtwöchiges Praktikum bei Bündnis 90/Die Grünen im Offenbacher Büro der Stadtverordnetenversammlung und im Regionalbüro von Tarek Al-Wazir, der als Spitzenkandidat gerade mitten im hessischen Landtagswahlkampf steckte. „Direkt nach der Schule ins kalte Wasser zu springen, das war für mich eine wertvolle Erfahrung. Ich habe einen umfangreichen Einblick in Wahlkampfstrategien und Programmplanungen bekommen. Das Praktikum hat mich nochmal darin bestärkt, dass ich mich für das passende Studienfach entschieden habe.“
Ein Jahr später kehrte sie für sechs Wochen in den politischen Alltag zurück — dieses Mal allerdings unter die wohl bekannteste Kuppel der Hauptstadt: in den Deutschen Bundestag. Im Abgeordnetenbüro von Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, sozialpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, lernte sie vor allem die inhaltliche Ebene bundespolitischer Arbeit kennen. „Besonders begeistert haben mich die konstruktiven und programmatischen Debatten auf den verschiedensten Ebenen“, fasst Zimmermann die Erlebnisse zusammen. „Von den Arbeitsgruppen der Fraktionen über die Ausschusssitzungen bis ins Plenum konnte ich die Entwicklung bestimmter Themen ganz genau nachverfolgen.“
Neben der simulierten und selbst gemachten Politik hat Zimmermann besonders seit Studienbeginn ein zweites Standbein für sich entdeckt. Mit Aufnahmegerät und Kamera bewaffnet, unterstützt sie seit ihrem dritten Semesters das Wissenschaftsmagazin der ZU. Als Redaktionsassistentin von ZU|Daily kümmert sich Zimmermann um vielfältige Aufgaben von der Themenplanung bis zur Bildrecherche und verfasst immer wieder auch eigene Artikel. Dabei reizt sie vor allem die journalistische Aufbereitung wissenschaftlicher Themen: „Die Inhalte, die wir an der Universität behandeln, für jeden greifbar zu machen, ist eine wirklich fordernde Aufgabe. Gleichzeitig ist es immer interessant, Alltagsphänomene wissenschaftlich zu betrachten“, berichtet Zimmermann über ihre Arbeit, die besonders „als Teil einer studentischen Redaktion großen Spaß macht.“
Auch unabhängig von Politik und Journalismus ist Zimmermann vielfältig engagiert: Bereits zu Schulzeiten tourte Zimmermann als Badminton-Nachwuchs von Spiel zu Spiel und unterstützte über mehrere Jahre hinweg eine Klasse von acht Schülern mit geistigen Behinderungen. Gerade dieses Engagement hat ihr für die Zukunft viel mit auf den Weg gegeben: „Durch den Umgang mit jungen Menschen mit Behinderungen habe ich gelernt, wie intensiv und vorurteilsfrei die unterschiedlichsten Menschen zusammen lernen und arbeiten können. Für mich ist das eine Einstellung, die wir in der ganzen Gesellschaft gut gebrauchen können.“ Mit ihrem Umzug nach Friedrichshafen entdeckte Zimmermann auch neue Projekte für sich. Bei den Workshop- und Karrieretagen „ZUtaten“ hat sie für einen reibungslosen Ablauf der Events gesorgt und die Facebook-Seite betreut, mehrmals die Kommunikation der Einführungswoche übernommen und bei der „Langen Nacht der Musik 2014“ die Schuloper „Der Ja-Sager“ als Teil eines bunten Ensembles aus Studierenden und Bürgern auf die Bühne gebracht.
Ähnlich politisch und abwechslungsreich soll es für Alina Zimmermann auch in Zukunft weitergehen. Für das Herbstsemester 2015 steuert sie ein Auslandssemester im englischsprachigen Ausland an. „Ich möchte einen ganz anderen Studienalltag miterleben und die Erfahrung sammeln, was es heißt, sich an einer größeren Universität als Studierende durchzusetzen“, erklärt Zimmermann. Nach dem Abschluss ihres Bachelor-Studiums, den sie für das Frühjahr 2017 anpeilt, soll es vor dem Einstieg in die Berufswelt mit einem Master weitergehen. Danach möchte Zimmermann besonders gerne bei einer internationalen Organisation arbeiten. „Es würde mich vor allem interessieren, die Arbeit der UN-Frauenrechtsorganisation UN Women, der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit oder der Bildungssparte der UNESCO zu unterstützen. Gerade die intensive Zusammenarbeit mit verschiedensten Menschen in den unterschiedlichsten Projekten mit dem Versuch, etwas zu bewegen und zu verändern, hat für mich einen ganz eigenen Reiz“, sagt sie.