Tarek Stucki bezeichnet sich selbst als „ein von Humanität und Solidarität angetriebener Energieflummi“, der seine Kraft einsetzt, um das Wohlergehen anderer zu verbessern. Wie ein roter Faden zieht sich diese Grundhaltung durch sein zurückliegendes und aktuelles Engagement – ob in der Schul-, Hochschul- und Bildungspolitik, in den studentischen Initiativen oder im Sport. In seinen Forschungen dagegen setzt er sich mit Innovationen in all ihren Facetten auseinander im festen Glauben, dass mit ihnen auch gesellschaftliche Herausforderungen gelöst werden können.
Foto: Nicolas Bühringer
Soziale Ungerechtigkeit ist für Tarek Stucki keine abstrakte Größe, sondern etwas, das er unbewusst und bewusst erfahren hat. Um das zu verstehen, braucht es einen Blick in seinen persönlichen Hintergrund: Sein in Palästina großgewordener Vater wanderte nach Deutschland aus und lernte in der Nähe von Mannheim seine zukünftige Partnerin kennen. Früh trennten sich die Eltern, sodass Tarek Stucki fast ausschließlich von seiner Mutter großgezogen wurde. „Da sie als Hotelfachfrau und er als Handwerker gearbeitet haben, reichte das Geld gerade so, um über die Runden zu kommen“, erwähnt Stucki. „Obwohl ich eine glückliche und wohlbehütete Kindheit genossen habe, hat mich diese frühe Lebensphase sensibilisiert für soziale Ungerechtigkeiten.“
Nach der Grundschule besuchte Tarek Stucki den Gymnasialzweig einer Gesamtschule. Bereits ab der sechsten Klasse engagierte er sich über den eigentlichen Unterricht hinaus – mit dem Ziel, sein Umfeld mitzugestalten. „Ich habe ungern Missstände in Kauf genommen, sondern versucht, nicht gerechte oder nicht optimale Gegebenheiten zu verändern“, erklärt Stucki. Vom Klassensprecher, Unterstufensprecher, Schulsprecher und Kreisschülersprecher schaffte er es schließlich ins Amt des Bundesdelegierten der Landesschülervertretung Hessen, um dort etwa 800.000 Schülerinnen und Schüler zu vertreten – Petitionen und Protestaktionen eingeschlossen. „Wir haben uns für mehr politische Bildung, mehr Nachhaltigkeit und mehr Digitalisierung an den Schulen eingesetzt und uns für Ganztagsschulen ausgesprochen, damit die Schule nicht mehr nur als Lern-, sondern vielmehr als Lebensraum wahrgenommen wird“, erläutert Stucki.
Um dem gleichen Recht auf Bildung, dem Kampf gegen rechte Gewalt und der Bekämpfung von Kinderarmut in Diskussionen, Arbeitskreisen und Anträgen mehr Nachdruck zu verleihen, trat Tarek Stucki in die SPD ein und bekleidete mehrere politische Ämter auf Kreisebene. „Besonders auf das Thema Bildung habe ich meinen Schwerpunkt gelegt“, bemerkt Stucki. „Denn meiner Meinung nach ist inklusive Bildung ein Menschenrecht und ein gesellschaftlicher Motor und sollte daher unabhängig von Herkunft und Geldbeutel allen gleichermaßen zur Verfügung stehen“, sagt Stucki.
Ein elementarer Motor im Leben von Tarek Stucki ist das Kickboxen. Mit acht Jahren kam er das erste Mal mit der Sportart in Kontakt – und empfand diesen zunächst als zu gewaltvoll. Erst beim zweiten Anlauf wurde ihm klar, dass dahinter viel mehr steckt: „Kickboxen stärkt auch das Selbstbewusstsein und erhöht die Selbstdisziplin, man lernt, sich selbst zu lieben und sich und seinem Körper zu vertrauen. Das hat mir die Kraft und Energie für meinen Alltag gegeben.“ Um neben den Techniken vor allem diese Werte zu vermitteln, ließ sich Tarek Stucki zum Trainer ausbilden.
Als absehbar wurde, dass er mit einem Studium nicht mehr die Zeit haben würde, dem Sport intensiv nachzugehen, überlegte er, wie er dem Kickboxen dennoch treu bleiben könnte. „Und so habe ich mich entschieden, mich zum Kampfrichter ausbilden zu lassen“, erwähnt Stucki. Nach mehreren Turnieren in den Bundesländern und einigen bundesweiten Wettkämpfen hat er mittlerweile an zwei Europameisterschaften teilgenommen, was gleichbedeutend damit ist, dass er im Kickboxen zu den besten Referees in Europa zählt. Inzwischen hat er auch schon selbst Lehrgänge gehalten und Anwärterinnen und Anwärter ausgebildet.
Einen Kampf musste Tarek Stucki indes mit sich selbst austragen: Als Schülervertreter hatte er sich gegen die Privatisierung von Schulen ausgesprochen, auf der Suche nach einem passenden Studienort und Studiengang geriet mit der ZU mehr und mehr eine Privatuniversität in seinen Blick. „Ich habe die Bewerbung als Herausforderung gesehen und wollte der ZU eine Chance gegeben, mich zu überzeugen“, sagt Stucki. Überzeugt war er, als er beim Auswahltag die Universität und die dort studierenden, lehrenden und arbeitenden Menschen kennenlernte. „Es war überwältigend, einen Ort zu erleben, an dem man vom Wissen der anderen profitieren kann. So etwas hatte ich weder in der Schule noch im Freundeskreis je erfahren.“ Überwältigt war er auch von den vielen Möglichkeiten, sich sowohl in der Hochschulpolitik als auch in den studentischen Initiativen einzubringen.
„Wie ein Welpe, der nicht weiß, welchen Knochen er zuerst nehmen soll“, stürzte sich Tarek Stucki ins Engagement – mit dem Ziel, sein Umfeld mitzuformen. Weil es ihn interessiert, wie es anderen geht, und weil er möchte, dass es anderen gut geht, setzte er sich als Vorstand von StudentCare für die psychosoziale Gesundheit seiner Kommilitoninnen und Kommilitonen und als Sprecher des Zeppelin-Jahres für die Interessen seines Jahrgangs ein.
Genauso wie in der Schulpolitik, so fühlte er sich auch in der Hochschulpolitik pudelwohl. Folgerichtig folgten zwei weitere Ämter: für ein Jahr das des SPE-Programmschaftssprechers und für ein Semester das des studentischen Senators. „Dabei habe ich auch immer das Ziel verfolgt, die Hochschulpolitik unter meinen Mitstudierenden sichtbarer zu machen“, erklärt Stucki, der Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung ist, dem Begabtenförderungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Als Studienbotschafter des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg wiederum reist er regelmäßig von Schulklasse zu Schulklasse und vermittelt Schülerinnen und Schülern alles über das baden-württembergische Hochschulsystem und Studienangebot.
Jugendarbeit betrieb Tarek Stucki auch als Mentor bei Rock Your Life!. Dabei begleitete er eine Hauptschülerin auf ihrem Weg zu ihrem Traum: Zahnärztin zu werden. „Es hat mich unglaublich stolz gemacht zu sehen, wie sie sich im Laufe der Zeit entwickelt hat und ich bin mir sicher, dass sie ihren Traum erfüllen wird“, berichtet Stucki. Ihn selbst hat das Engagement so erfüllt, dass er sich im Vorstand der Initiative aktiv einbrachte und unter anderem als Ansprechpartner für die Mentees und die Lehrkräfte an der Partnerschule immer zur Stelle war. Als Initiativenvorstand des StudentLounge e.V. dagegen stand er den studentischen Initiativen an der ZU jederzeit mit Rat und Tat zur Seite.
In seinem SPE-Studium legt Tarek Stucki seinen Fokus auf die Wirtschaftswissenschaften – „jedoch mit einem Zoom in die Soziologie und einem Zoom in die Politik, weil mich Themen wie die Legitimierung sozialer Ungleichheiten oder die Dilemmata sozialer Gerechtigkeit weiterhin beschäftigen“. Auslöser war ein Kurs, in dem es um Open Innovation ging. „Ich glaube fest daran, dass Innovationen die Treiber sein können, um soziale und politische Probleme zu lösen“, sagt Stucki.
In seiner Humboldt-Arbeit hat er disruptive Innovationen in der Plattformökonomie beleuchtet, genauer gesagt: Er hat untersucht, welche Bedingungen neue digitale Plattformen erfüllen müssen, um ein von ihnen umgepflügtes Ökosystem zu dominieren. „In meiner Bachelorarbeit geht es nun darum, wie sich die Innovationsstrategien von Unternehmen während der Corona-Pandemie verändert haben, ob sie sich etwa geöffnet oder geschlossen haben“, berichtet Stucki.
Nach dem Bachelorstudium will Tarek Stucki unbedingt nach Berlin und dort für ein Jahr in einem Start-up arbeiten. „Mir liegt die lockere, dynamische und tolerante Atmosphäre in einem jungen Unternehmen und dass man dort mehr Verantwortung übernehmen kann, weil jede Hand und jeder Kopf gebraucht wird“, erläutert Stucki. Genügend Arbeitserfahrung dafür bringt er jedenfalls mit: So war er als Praktikant in der Kundenkommunikation, in der Unternehmens- und Personalentwicklung sowie im Projektmanagement in verschiedenen Start-ups tätig. Anschließend soll es für einen Master in Management of Innovation an die Rotterdam School of Management gehen.
Auch mit dem Bestreben an die ZU gekommen, seine Mitmenschen glücklicher zu machen, verlässt Tarek Stucki demnächst die Universität selbst als glücklicherer Mensch. „In der Zeit an der ZU habe ich zu mir selbst gefunden und gelernt, meine Stärken und meine Schwächen zu akzeptieren“, sagt Stucki. „Das habe ich meinem Umfeld, meinen Aktivitäten und vor allem meinen Freundschaften zu verdanken, die hoffentlich ein Leben lang halten werden.“