Benjamin Sandler ist ein Generalist – das zeigen seine breit gefächerten Interessen. Er stand in zahlreichen Theaterstücken auf der Bühne, setzte mehrere Kunstprojekte um und entwickelte als Sohn eines Tüftlers und Unternehmers eine ausgeprägte Affinität zu Themen rund um Technik und Start-ups. Seinen Interessen konnte er auch an der ZU nachgehen: So wirkte er in der universitären Theatergruppe mit und leitete mehrere Jahre die studentische Gründerinitiative Tatendrang. Aktuell bringt er sich als studentischer Vertreter in einer Strategie- und Entwicklungskommission ein und arbeitet als Innovationsberater im Bereich Technologisches Unternehmertum. Wie es sich für einen Generalisten gehört, studiert der 23-Jährige den interdisziplinären Bachelorstudiengang SPE.
Da das Theaterspiel in und um Kaufbeuren eine lange Tradition hat, und es zum guten Ton gehört, in einer der zahlreichen Theatergruppen mitzuwirken, war es nur eine Frage der Zeit, bis auch Benjamin Sandler erstmals Bühnenluft schnupperte. Bereits in einem Alter von vier Jahren war es soweit: der erste Auftritt mit dem Ensemble des Dorftheaters, das regelmäßig historische Stücke aufführt. Folgerichtig ging es weiter in der Schultheatergruppe und später im Vorstand des gemeinnützigen Theatervereins Moskitoldies e.V. „Damit war die Möglichkeit verbunden, meine Begeisterung fürs Theater auf ein neues Niveau zu heben“, erzählt Sandler. Und das auf zweierlei Art: So übernahm Sandler nicht nur Aufgaben im Bereich Marketing, Produktion und Design, sondern hatte auch großen Spaß daran, bei modernen und kritischen Stücke auf der Bühne zu stehen.
Doch Benjamin Sandler hat noch eine weitere große Leidenschaft: Technik und Design, gepaart mit Unternehmertum. Bereits als Sechsjähriger begleitete er seinen Vater, der ein mittelständisches Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Heizungstechnik betreibt, auf Kongresse und Messen. „Als ein richtiger Tüftler hat er mich in die Welt der Technik entführt“, bemerkt Sandler. So experimentierte er nicht nur daheim mit Neuentwicklungen am Heizsystem, sondern auch mit Design-, Animations- und Grafikprogrammen für den Firmenauftritt. Neben der zeitweisen Mitarbeit im väterlichen Unternehmen war Sandler auf dem Gymnasium Mitglied in der schulischen Technik-AG und leitet mehrere Jahre die Video- und die Robotik-AG.
Nach dem Abitur jedoch war er sich unsicher, was er studieren sollte. So besuchte er einen universitären Online-Kurs nach dem nächsten: von Netzwerktheorie über Psychologie bis hin zu Filmgeschichte und Soziologie war alles dabei. Doch erneut faszinierte ihn vor allem ein Kurs zum Thema Technology Entrepreneurship der Stanford University, in dem es darum ging, in einem internationalen Team Schritt für Schritt ein Start-up zu gründen.
Vor diesem Hintergrund verwundert es auch nicht, dass Benjamin Sandler gleich zu Beginn seines SPE-Studiums an der ZU an der studentisch organisierten Gründerkonferenz Tatendrang teilnahm. Bereits bei der zweiten Auflage des Events schlüpfte er in die Rolle des Hauptorganisators, um anschließend für zwei Jahre die studentische Initiative zu leiten. Weil die ursprüngliche Idee – eine Konferenz auf die Beine zu stellen – finanziell auf wackeligen Beinen stand, stellte er gemeinsam mit weiteren ZU-Studierenden das Konzept komplett auf den Kopf. „Bei allen Überlegungen stand immer der Gedanke im Vordergrund, dass wir den besonderen unternehmerischen Geist an der ZU weiter anfachen wollen, damit bei allen Studierenden das Gründen zur greifbaren Option wird“, sagt Sandler. Am Ende einer monatelangen Beschäftigung damit, was überhaupt einen Pionier ausmacht, stand ein völlig neues Konzept: „Zwar spielen Kontakte zwischen Studierenden und Start-ups weiterhin eine bedeutende Rolle, doch im Zentrum steht die Vermittlung von Gründerkompetenzen an Studierende und der Aufbau eines Netzwerks sich gegenseitig unterstützender ZUler.“
Auch auf einer höheren Ebene versucht Benjamin Sandler, Verknüpfungen herzustellen: Als Mitarbeiter bei einem Berliner Innovationsstudio vernetzt er technologisch ausgerichtete Start-ups mit bestehenden Unternehmen, sodass diese voneinander profitieren können. „Es geht vor allem um das gegenseitige Bereitstellen von Wissen, Ressourcen und Praktiken“, führt Sandler aus. „Dabei habe ich beobachtet, dass es bei großen Unternehmen meist nicht mehr ausreicht, allein Prozesse zu verändern, sondern es muss sich auch die Haltung der Mitarbeiterschaft und Geschäftsführung – also die Unternehmenskultur – wandeln, damit eine nachhaltige Wirksamkeit erzielt werden kann.“ Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Start-up und einem Konzern? Und wie kann man vor dem Hintergrund unterschiedlicher Unternehmenskulturen und Erfahrungshintergründe voneinander lernen? Durch seine Arbeit inspiriert, treiben ihn diese und weitere Fragen auch im Studium um.
Erneut steht dabei die Frage im Mittelpunkt, was einen Pionier ausmacht – ob in Wirtschaft, Kultur oder Politik. „Ein wichtiger Aspekt dabei ist das Überraschungsmoment, das mit einem Pionier verbunden ist“, erwähnt Sandler. Gemeinsam mit seiner Kommilitonin und Mitbewohnerin Maria-Luisa Villena Ossa konzipierte er eine Ausstellung, die das Leben von Ferdinand Graf von Zeppelin darstellte und über Nacht an alle Kreidewände im ZF Campus der ZU angebracht werden sollte. „Wir haben eine Themenauswahl getroffen, einen Rundgang konzipiert und über 40 Kreidebilder und -texte digital vorbereitet. Alle Tafelwände wurden genauestens vermessen und markiert sowie professionelle Flyer und Plakaten gedruckt, die spielerisch das Design der Universität aufgenommen haben“, erzählt Sandler. Etwa 20 Studierende trafen sich zu einer Nacht- und Nebel-, besser gesagt zu einer Guerilla-Aktion, und gestalteten die Graf-Zeppelin-Ausstellung. „Wir wollten damit einerseits den Studierenden und Mitarbeitern aufzeigen, in welche Fußstapfen sie treten. Andererseits wollten wir eine Vision davon liefern, wofür die ZU stehen kann und was sie anders macht. Und schließlich war es uns wichtig, eine Brücke zur Stadt Friedrichshafen zu bauen, die ja ebenfalls noch jung ist und mehr mit der ZU teilt, als man wohl manchmal denkt – und das alles nicht gedacht oder formuliert als Vorwurf, sondern als in Form und Inhalt überraschende Botschaft.“
Auch auf institutioneller Ebene arbeitet Sandler: So packte er wenig später die Möglichkeit beim Schopfe, als studentischer Vertreter in einer Kommission die Strategie und Entwicklung der ZU aktiv mitzugestalten. „Die ZU ist für mich durch ihre Neugierde, Tatkraft und meine Kommilitonen zu einer richtigen Heimat geworden, die ich gerne für eine noch herausforderndere Zukunft fit machen möchte. Mich überzeugte damals nicht die exzellente Lehre oder der Fokus auf Forschung, sondern die hochenergetische und optimistische Haltung der Studierenden. Wir müssen alles daran setzen, für diese wie für die Wissenschaftler auch in Zukunft ein magnetischer Ort zu sein.“
Doch welche Intention steckt hinter all seinem Tun? Was treibt ihn an? „Für mich geht es darum, Ideen mit Mehrwert wirksam umzusetzen. Manchmal bedarf es dazu eines Kunstprojektes, einer Initiative, eines Gremiums oder eben eines Start-ups. Wenn der Impact an oberster Stelle steht, darf man sich nicht auf ein Medium begrenzen.“