01.12.2018

Karina Reisenegger

Karina Reisenegger ist ein aufgeschlossener Mensch – sowohl was die reale als auch die digitale Welt betrifft. In der realen Welt hat sie als Gruppenleiterin junge christliche Menschen, als Betreuerin ein behindertes und als Sprachcoach ein Migrantenkind sowie als Mentorin Geflüchtete und als Buddy Erstsemester betreut und begleitet. In der digitalen Welt beschäftigt sie sich mit Phänomenen wie Trolls und dem Verantwortungsbewusstsein von Medienschaffenden gegenüber Kindern. Eine weitere Verbindung zwischen diesen Welten: So wie in ihren Zeichnungen, so möchte sie auch im Digitalen Räume schaffen, die neue Perspektiven eröffnen.



Auf die Welt gekommen ist Karina Reisenegger in Chile. Weil ihr Großvater als Soziologe, Politiker und NGO-Leiter während der Allende- und Pinochet-Ära tätig war, spielten politische Themen eine wichtige Rolle im familiären Alltag. Das änderte sich auch nicht, als berufliche Veränderungen der Eltern einen Umzug nach Venezuela verursachten – denn auch dort war Politik omnipräsent. Gerade in jene Zeit fiel der gescheiterte Putschversuch, der Generalstreik und die daraufhin noch autoritärer agierende Präsidentschaft von Hugo Chavéz. „Besonders diese Zeit hat mich sehr geprägt“, berichtet Reisenegger. „So kann ich mich noch ganz genau an die teilweise gewaltsamen Proteste erinnern.“ Mehrere Monate fiel der Schulunterricht aus; die Stimme derjenigen Behörden, die eine Ausreise empfahlen, wurde immer lauter: Unter diesen widrigen Umständen konnte sich die Familie eine Zukunft in Venezuela nicht mehr vorstellen.


Vorausschauend hatte sich der Vater frühzeitig um eine deutsche Staatsbürgerschaft gekümmert, sodass Mutter und Kinder von der deutschen Botschaft Notpässe erhielten – damit stand einer Abwanderung nach Deutschland nichts mehr im Wege. „Das war unser Glück“, sagt Reisenegger. Ein halbes Jahr wiederholte sie zunächst die letzte Klasse auf der Grundschule. Und um festzustellen, wohin ihr weiterer schulischer Weg führt, absolvierte sie zwei Jahre lang eine Orientierungsstufe. Mit viel Ehrgeiz und Fleiß nahm sie sich insbesondere der Sprache an, lernte Vokabeln und Synonyme – und siehe da: In ihrem Abschlusszeugnis standen nur Einser und Zweier, es ging weiter aufs Gymnasium. Weil sie sich dort allerdings mit der Zeit nicht mehr genügend gefördert fühlte, sank auch ihre Motivation. Karina Reisenegger schlug deshalb einen neuen Weg ein und entschied sich für den Besuch einer Kunstrealschule, wo sie die Mittlere Reife erwarb: „Diese Entscheidung fiel mir nicht besonders schwer, denn in meinem Leben nehmen Zeichnungen, Malerei, Comics – eben visuelle Ausdrucksformen – einen bedeutenden Stellenwert ein.“


Ein einschneidendes Erlebnis sollte währenddessen die globale Finanzkrise sein: „In dem Moment hat mich ein Stück weit meine eigene Vergangenheit eingeholt. So wurde mir mehr und mehr bewusst, wie wichtig es ist, die größeren Zusammenhänge in Wirtschaft, Politik und Soziologie zu verstehen, um Veränderungen zu bewirken.“ Neben der Zeitungslektüre setzte sie sich in universitäre Vorlesungen – „dabei habe ich dann festgestellt, dass es ein Studium sein muss.“


Doch noch fehlte die Zugangsvoraussetzung. Und wieder probierte sie sich aus und nahm eine neue Herausforderung an: So besuchte sie nicht etwa eine Oberschule etwa im Bereich Kunst oder Wirtschaft, sondern sie machte ihr Abitur auf einer Fachoberschule für Sozialwesen mit Leistungsfächern in Psychologie und Pädagogik. „Für mich ist soziales Engagement die Verbindung zur realen Welt“, erwähnt Reisenegger. „Während man sich auf der Schule oder an der Universität viel nützliches Wissen aneignet, erhält man draußen ein Gefühl dafür, wie die Gesellschaft wirklich tickt.“ So arbeitete sie als Gruppenleiterin in der katholischen Gemeinde, als Betreuerin eines Kindes mit Behinderung beim Verein zur Betreuung und Integration behinderter Kinder und Jugendlicher und als Sprachcoach für ein Migrantenkind bei der Caritas.


Auch innerhalb der Kunstrealschule und der Fachoberschule für Sozialwesen engagierte sie sich auf vielfältige Weise. Sie war als Klassensprecherin und ausgebildete Mediatorin in der Schulpolitik aktiv, und um ihr Ausdrucksvermögen zu verbessern, wirkte sie beim Schulradio, bei der Schülerzeitung und beim Theaterprojekt „TUSCH – Theater und Schule“ mit, besuchte den zusätzlichen Philosophiekurs „Culture Club“ sowie die Kreative Schreibwerkstatt. Besonders dem Theater blieb sie eine Zeit lang treu und absolvierte diesbezüglich Praktika als Kostümassistenz und bei pädagogischen Theaterprojekten. Bereits während ihrer Zeit auf der Fachoberschule begegnete Karina Reisenegger – und das vor allem in Gesprächen und bei Recherchen – der ZU. Um sich ein genaueres Bild von der Universität zu machen, besuchte sie eine Vortragsveranstaltung in München und nahm vor Ort am Format „StudierenProbieren“ teil. „Was mir direkt gefallen hat, war die offene Atmosphäre sowie die inspirierenden Gespräche mit engagierten und motivierten Studierenden“, sagt Reisenegger.


Trotz des vorherigen sozialen und kulturellen Engagements war es ihr immer noch eine Herzensangelegenheit – wohl auch wegen der persönlichen Erlebnisse in Venezuela –, wirtschaftliche, politische und soziologische Themen zu durchdringen. So nahm sie an der ZU das Bachelorstudium in Soziologie, Politik & Ökonomie auf. „Doch in einem Selbstfindungsworkshop habe ich reflektiert, dass mich eine spätere Tätigkeit im politischen, wirtschaftlichen oder soziologischen Bereich nicht ausfüllen würde“, erläutert Reisenegger. So wechselte sie nach drei Semestern vom SPE-Bachelor in den CCM-Bachelor.


Fachlich setzte sie sich von da an mit Digitaler Kommunikation auseinander, so etwa mit Phänomenen wie Trolls oder neuen Praktiken in digitalen Netzwerken. „Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt tiefgreifend und dabei nicht nur die Industrie, sondern auch den Medienbereich, wo sich spannende Zukunftsperspektiven entwickeln“, erklärt Reisenegger. Um die nötigen digitalen Kompetenzen zu erwerben, erlernte sie unter anderem bei der studentischen Digitalinitiative „CodeCats“ das Programmieren. Außerdem legte sie ein Praxissemester in Madrid ein und arbeitete dort beim Medienunternehmen Telecoming, das mobile Unterhaltungsmedien entwickelt. „Dort habe ich die Richtlinien der EU-DSGVO analysiert und auf ein Premiumprodukt für Kinder angewendet“, sagt Reisenegger. „So entstand auch die Idee zu der Fragestellung meiner Bachelorarbeit: Denn darin untersuche ich, ob und wie Medienschaffende ihre verantwortungsbewusste Rolle gegenüber Kindern wahrnehmen.“


Apropos verantwortungsbewusst: So erlebt man Karina Reisenegger auch an der ZU. Sieben Semester lang hat sie als Leitungsmitglied und Mentorin im Buddyteam neue Studierende betreut und begleitet. „Es ist ungemein wichtig, dass Erstsemester zuverlässige Ansprechpartner haben, die ihnen in aufkommenden Problemlagen zur Seite stehen“, sagt Reisenegger. Eine weitere Mentoring-Beziehung ging sie ein bei der Initiative ImmiGreat e.V., die Menschen mit Migrationshintergrund bei der Integration in den Arbeitsmarkt unterstützt. Außerdem leitete sie zeitweise das Ressort „Campus“ beim studentischen Online-Magazin futur drei, organisierte eine Einführungswoche, zeichnete verantwortlich für die Produktion des ZU-Spiritmovies für die WHU Euromasters 2015 und wirkte im Organisationsteam beim Transcultural Leadership Summit 2017 mit.


Außerdem moderierte Karina Reisenegger im Rahmen der „Think Big Tour 2017“ lösungsorientierte Workshops an Schulen zum Thema „Soziale Probleme in der Gesellschaft“, erstellte mit zwei Kommilitonen einen Audioguide für Friedrichshafen und stand viele Sonntage auf dem Friedrichshafener Buchhornplatz, um die Bewegung Pulse of Europe zu unterstützen. „Auch wenn ich in Chile geboren bin, so fließt in mir – da meine Vorfahren, Großeltern und Eltern spanische, französische, britische, österreichische und deutsche Einflüsse in sich tragen – eine europäische Blutbahn. Daher bejahe ich die Pluralität von Kulturen und fühle mich wie ein Weltkind, das zugleich offen ist für andere Meinungen und Perspektiven.“

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