Narku Laing liegt das Thema Diversität besonders am Herzen: Der 26-Jährige gibt als Diversitytrainer und -berater Kurse für Organisationen und ist als Vorstandsmitglied von Humanity in Action e.V. ein gern gesehener Gast bei Podiumsdiskussionen. An der ZU war der PAIR-Masterstudent erster Diversitätsbeauftragter und setzte sich als studentischer Senator für mehr Inklusion ein. Auch wissenschaftlich beschäftigt er sich mit diversen Themen: So hat er in seiner Masterarbeit die Frauenförderung in den Vereinten Nationen unter die Lupe genommen, und seit kurzem lehrt und forscht er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der LMU München zu Teilhabe und Zugehörigkeit in Gesellschaften.
Foto: Philip Frowein
Schon seine Herkunft ist an Diversität kaum zu übertreffen: Der Vater stammt aus Jamaika und ist in England aufgewachsen, die Mutter ist gebürtige Ghanaerin. Und ganz nebenbei bemerkt: Laing ist ein schottischer Nachname, was auf den Urgroßvater zurückgeht. Narku Laing selbst erblickte das Licht der Welt in Mainz – als britischer Staatsbürger. „Erst mit 15 Jahren wollte ich mich einbürgern lassen, weil ich unbedingt für die deutsche Football-Jugendnationalmannschaft spielen wollte“, erzählt Laing. Und tatsächlich schaffte er es in den erweiterten Kader der Jugendnationalmannschaft.
Mit der Sportart verbunden ist allerdings auch ein biografischer Bruch: „Mit 19 Jahren habe ich mir beide Kreuzbänder im rechten Knie gerissen, und in der anschließenden Erholungsphase stand für mich eine zukunftsweisende Entscheidung an: entweder ein Doppelstudium aufzunehmen oder das Angebot einer Herrenbundesligamannschaft anzunehmen“, berichtet Laing. „Schließlich habe ich mich für das Akademische entschieden, weil mir dieses nicht so leicht weggenommen werden kann.“
Bereits in der Oberstufenzeit interessierte er sich für gesellschaftliche und politische Themen. Aufgrund eines starken Bedürfnisses nach Mitbestimmung und Mitsprache war Narku Laing als Klassen- und Schulsprecher aktiv. Und schon damals verfolgte er das Ziel, benachteiligte Schüler zu unterstützen und ihnen mehr Teilhabe an schulischen Aktivitäten zu ermöglichen. Denn immer wieder begegneten ihm im schulischen Alltag Ungerechtigkeiten. „Nur wenige Schüler mit Migrationshintergrund sind mit mir aufs Gymnasium gegangen“, erzählt Laing. „Dadurch habe ich bemerkt, dass mit der Bildungsgerechtigkeit in Deutschland einiges nicht stimmt.“ Das führte dazu, dass er sich zunehmend auch (gremien-)politisch engagierte und unter anderem an Protesten gegen die Einführung von Studiengebühren teilnahm.
Was ihn darüber hinaus und bis heute begegnet, das sind Beleidigungen und Angriffe, denen er, seine Eltern und Geschwister ausgesetzt waren und noch sind. Im Zuge der tieferen Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und politischen Themen sollte ihn ein Thema nicht mehr loslassen: Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit. „Was mir dabei immer gefehlt hat, war die Möglichkeit, diese Erniedrigungen einzuordnen und zu erklären“, bemerkt Laing. „Diese Möglichkeit wollte ich dann mit einem Doppelstudium in Soziologie und Philosophie an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main nachholen.“
Während des Studiums befasste er sich eingehend mit Themen wie Fremdenfeindlichkeit und Ungerechtigkeit sowie Teilhabe und Mitgliedschaft aus soziologischer und philosophischer Perspektive. „Dabei ging es mir auch darum, meine eigene Identität aufzuarbeiten“, erwähnt Laing. Neben dem Studium und im Rahmen von pädagogischen Tätigkeiten an einer Förderschule und in einem Jugendtreff unterstützte er andere benachteiligte Identitäten – Themen wie Frustrationstoleranz, Aggressionsbewältigung und interkulturelle Kompetenzen standen dabei im Mittelpunkt. Kompetenzen, die ihn für die Arbeit mit jungen Menschen qualifizieren, erwarb er in Kursen, die von der Universität, der Bundeszentrale für politische Bildung und der Evangelischen Kirche angeboten wurden. Er ließ sich unter anderem zum Teamtutor für religiöse und interkulturelle Vielfalt, zum Peer-Diversity-Trainer im Bereich der politischen Bildungsarbeit und zum Seelsorger ausbilden: „Was sich bei alledem wie ein roter Faden durch meine pädagogische Arbeit zieht, ist die Frage: Wie kann ich ausgeschlossenen Menschen helfen, sich selbst zu verwirklichen?“ Noch heute ist er als Diversitytrainer und -berater für diverse Organisationen tätig – ob bei der Arbeiterwohlfahrt, bei Brot für die Welt oder bei Amnesty International.
Bereits vor dem ersten Studienabschluss stand der Entschluss fest, ein Masterstudium an der ZU anzuschließen. „Grundlegende Kriterien waren für mich ein hoher wissenschaftlicher Anspruch mit starkem Praxisbezug sowie interessante Persönlichkeiten und Entfaltungsmöglichkeiten“, berichtet Laing. „Außerdem war es mir wichtig, an einer kleinen Universität zu studieren, weil dort die Möglichkeiten der Mitbestimmung und Mitsprache in der Hochschulpolitik viel umfangreicher sind. Und so stand am Ende nur noch die ZU und der Masterstudiengang PAIR auf dem Papier.“ Bereits vor Studienbeginn und dann noch deutlicher in den ersten Wochen an der ZU war für ihn klar, dass er sich in hochschulpolitischen Gremien einbringen mochte, um Probleme an den Schnittstellen von Ungleichheit anzugehen. Unmittelbar in dieser Phase wurde das Amt des Diversitätsbeauftragten geschaffen, das Laing nach erfolgreicher Bewerbung übernahm – für ihn der Eintritt in die Hochschulpolitik „und eine hervorragende Spielwiese, denn niemand hatte eine Vorstellung davon, was dieses Amt ausmacht und welche Aufgaben damit verbunden sind.“
Sein Engagement gipfelte anschließend darin, dass er zum studentischen Senator gewählt wurde. In diesem Amt setzte er sich für bessere Bedingungen für die Masterstudierenden, für die stärkere institutionelle Verankerung der studentischen Forschung und für mehr Diversität ein – „mit dem Ziel verbunden, aus der ZU einen inklusiven Ort für alle zu machen.“ Diversität ist ein Thema, das Narku Laing auch außerhalb der Universität besonders am Herzen liegt: So ist er unter anderem ehrenamtlich eingebunden bei der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland und im Vorstand der deutschen Sektion von Humanity in Action e.V. „In diesen Funktionen bin ich bundesweit unterwegs, um in Podiumsdiskussionen darüber zu diskutieren, wie man in einer diversen Gesellschaft politische Bildungsarbeit gestalten kann“, berichtet Laing.
Nicht verwunderlich, dass sich Narku Laing auch in seiner Masterarbeit, die in Kooperation mit den Vereinten Nationen entstand, mit Diversity Management auseinandersetzte – im Fokus standen die in Genf ansässigen UN-Institutionen und das Thema der Frauenförderung. „Dabei habe ich auch viel über mich selbst gelernt, vor allem, dass ich Verwaltung unglaublich spannend finde, aber selbst kein Bürokrat bin“, sagt Laing. Um sich selbstbestimmt im akademischen Umfeld bewegen zu können, entschied er sich, eine Promotion an das Studium anzuschließen: So arbeitet der 26-Jährige seit kurzem als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Politische Theorie an der LMU München. Am Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft forscht und lehrt er in den kommenden Jahren zu Teilhabe und Zugehörigkeit in Gesellschaften.