Im beschaulichen Barenburg zur Welt gekommen, arbeitet Jannis Kappelmann aktuell für die Vereinten Nationen auf der Karibikinsel Barbados: Was in seinen Ohren vielleicht etwas daher geholt klingen mag, ist vielmehr ein Ausweis dafür, was man erreichen kann, wenn man es sich nur zutraut. Als Nicht-Akademikerkind hat es Kappelmann nicht nur geschafft, an einer Universität ein Studium erfolgreich abzuschließen, sondern sich auch als Pressesprecher und Vorsitzender bei den Jungen Liberalen, als überzeugter Europäer bei „Pulse of Europe“ und als studentischer Senator an der ZU einen Namen zu machen sowie an Sitzungen der UN-Generalversammlung teilzunehmen.
(Foto: ZU/Lena Reiner)
Was in frühen Jahren mit dem WAS IST WAS- Buch „Das alte Rom“ und einer Kulturreise in die ewige Stadt seinen Anfang nahm, führte bei Jannis Kappelmann während der Gymnasialzeit zu einem regen Interesse an den Fächern Geschichte und Politik. Ein Studium mit dieser Fächerkombination war zwar der Plan, doch dann kam es ein wenig anders. „Mein Ziel war es, einen Studiengang zu finden, der mich noch näher an mein gestecktes Ziel bringt, nämlich Gesellschaft zu verstehen“, erläutert Kappelmann. „Außerdem sollte das Studium anders sein, also alles andere als gewöhnlich.“
Zunächst verloren im großen Dschungel der Studienmöglichkeiten, stieß er in einem Studienführer auf den SPE-Bachelor an der ZU. Der erste Eindruck nach weiteren Recherchen: „Wahnsinn, das möchtest du machen!“ Doch als er registrierte, dass die ZU eine Privatuniversität ist und damit Kosten einhergehen, war für ihn das Thema zunächst wieder vom Tisch. „Zufälligerweise entdeckte mein Vater am Schwarzen Brett an der Arbeit eine Ausschreibung für ein ZU-Stipendium, das sich an ZF-Mitarbeiterkinder richtet“, berichtet er. Jannis Kappelmann bewarb sich darum, erhielt das Vollstipendium und zu guter Letzt die Zusage von der ZU. „Und bereits die ersten Diskussionen zu den verrücktesten politischen Themen mit den anderen Teilnehmenden am Auswahltag haben mir gezeigt, dass die ZU für mich genau der richtige Ort zum Studieren ist“, erinnert sich Kappelmann.
Damit ging ein Wunsch in Erfüllung: „Als Nicht-Akademikerkind war es für mich nie selbstverständlich, aufs Gymnasium zu gehen, nie selbstverständlich, Abitur zu machen und nie selbstverständlich zu studieren“, erzählt Kappelmann. „Getrieben von der Idee, so viel zu erreichen, wie es geht, nahm ich die sich mir bietenden Möglichkeiten wahr. Viel habe ich dabei den Menschen in meinem Umfeld zu verdanken, die mich in allem unterstützt haben. Nie habe ich Druck gespürt, sodass ich mich zu jeder Zeit frei entscheiden konnte.“
Mit gerade einmal 16 Jahren entschied sich Jannis Kappelmann, in die FDP einzutreten, „um mich für mehr Bildungsgerechtigkeit einzusetzen und für mich eine Definition von Freiheit und Liberalismus zu finden.“ Sein Engagement bescherte ihm mehrere Ämter bei den Jungen Liberalen: ob als Programmatiker und 1. Vorsitzender im Kreisverband Diepholz, Pressesprecher und 1. Vorsitzender im Kreisverband Ravensburg/Bodenseekreis, stellvertretender Vorsitzender im Bezirksverband Südwürttemberg oder Mitglied im Landesvorstand Baden-Württemberg für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. „Die Arbeit bei den JuLis war ungemein wertvoll“, sagt Kappelmann. „Zum einen ging es darum, die FDP zu unterstützen, ihr aber auch auf die Finger zu schauen und sie auf Verfehlungen aufmerksam zu machen. Zum anderen haben wir versucht, uns und unseren eigenen Themen Gehör zu verschaffen – eben durch die Kommunikation von politischen Inhalten, die ich in meinen Ämtern begleitet und mitgestaltet habe.“
Ein Highlight war der Landeskongress der JuLis Baden-Württemberg an der ZU, den Jannis Kappelmann nach Friedrichshafen holte – und noch dazu ein gelungener Abschluss seines Engagements bei den Jungen Liberalen: „Es war einfach an der Zeit, eine neue Herausforderung anzunehmen und sich weiterzuentwickeln.“ Nach und nach legte er seine politischen Ämter nieder, um ein hochschulpolitisches Amt anzutreten. Ein Jahr lang bekleidete Jannis Kappelmann als einer von vieren das Amt des studentischen Senators. Während er im gesamten Jahr die studentische Vertretung in der Stipendienkommission wahrnahm, stand er im zweiten Halbjahr dem Student Council vor. „Besonders gefallen hat mir die Arbeit in der Stipendienkommission, weil sie meiner Idealvorstellung von Chancengleichheit am ehesten entspricht: Gerade jungen begabten Menschen, die sozial oder finanziell benachteiligt sind, eine Chance zu geben, sich weiterzuentwickeln“, bemerkt Kappelmann. „Für mich bedeutete diese Arbeit eine große Ehre, gleichzeitig war damit aber auch eine hohe Verantwortung verbunden.“ Mit seiner Arbeit als studentischer Senator wollte er der Universität etwas zurückgeben, die Universität ein Stück weit besser machen – wie auch als Mitorganisator der Einführungswoche, als studentische Hilfskraft in der Abteilung Universitätsveranstaltungen oder als Mitglied der Auswahlkommission beim Auswahltag.
Auch abseits der politischen Aktivitäten setzte ein Wandel ein. Bereits im Zeppelin-Jahr kristallisierte sich heraus, dass sich Jannis Kappelmann mehr den politischen, weniger den soziologischen und ökonomischen Themen annähern mochte. Mitte des Studiums rückte Europa in seinen Fokus, er beschäftigte sich intensiv mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der EU und dabei vor allem mit den Klimaschutzzielen und der Vision eines europäischen Bundesstaates: „Dadurch hat sich meine Begeisterung für die Europäische Union und das europäische Projekt als Bastion der Menschenrechte und Chancengleichheit verstärkt; dadurch ist mir klarer geworden, dass auch wir als Bürgerinnen und Bürger dafür zu sorgen haben, die europäische Idee weiterzutragen.“
Genau das hat Jannis Kappelmann als überzeugter Europäer bei seinem Engagement im Kreisverband der Jungen Europäischen Föderalisten und bei der Bewegung „Pulse of Europe“ getan – zum einen als Pressesprecher, zum anderen als Mitglied des Organisationsteams und regelmäßiger Hauptredner: „Mit meiner Arbeit wollte ich Antieuropäern, Unionsgegnern und Pessimisten entgegentreten und dem ein optimistisches Bild von der Europäischen Union entgegenstellen.“
Mit einem Praktikum bei der Liechtensteinischen Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York begegnete Jannis Kappelmann ein neues Thema: die nukleare Abrüstung. „Mit diesem Thema bin ich in Berührung gekommen, weil mich mein Vorgesetzter dem UN-Ausschuss für Abrüstung und internationale Sicherheit zugeteilt hat“, erklärt Kappelmann. „Seither habe ich mich intensiv mit der atomaren Abrüstung auseinandergesetzt, vor allem, weil in den vergangenen Jahren ziemlich viel passiert ist.“ Damit hatte Jannis Kappelmann auch sein Thema für seine Bachelorarbeit gefunden, in der er eine Potenzialanalyse des UN-Atomwaffenverbotsvertrages durchführte. Dadurch ist er auf die International Campaign to Abolish Nuclear weapons (ICAN) aufmerksam geworden, die für ihren Einsatz für das vertragliche Atomwaffenverbot 2017 mit dem Friedennobelpreis ausgezeichnet worden ist.
Was folgte, waren zwei weitere Engagements: Als Jugenddelegierter nahm er in New York am Vorbereitungsausschuss für die im nächsten Jahr stattfindende Konferenz zur Überprüfung des Nichtverbreitungsvertrages (NVV) teil, einige Monate später dann an der Hiroshima-ICAN Akademie zu Nuklearwaffen und internationaler Sicherheit. „Das Besondere an dem Ausschuss in New York war, dass ich parallel zur eigentlichen Arbeit Experteninterviews mit Diplomaten für meine Bachelorarbeit führen konnte“, bemerkt Kappelmann. „Das Besondere an der Akademie dagegen waren die bewegenden Gespräche mit Hiroshima-Überlebenden sowie die inspirierenden Diskussionen etwa mit dem Bürgermeister von Hiroshima und führenden Atomwaffenexperten.“
Europa, Klimaschutz und atomare Abrüstung: „Mit diesen Themen habe ich bei der FDP leider nicht so viel Gehör gefunden, wie ich es mir gewünscht hätte“, sagt Kappelmann. „Wegen der beiderseitigen Themenverschiebung haben wir uns mit der Zeit auseinandergelebt, sodass als letzte Konsequenz leider nur der Parteiaustritt blieb. Für die Lehren aus der Zeit in der Partei und auch die gewonnen Freundschaften bin ich allerdings weiterhin ungemein dankbar.“ Doch was geblieben ist, ist die Erkenntnis, dass er auch langfristig im politischen und zwar im internationalen politischen Bereich arbeiten möchte.
Inzwischen ist Jannis Kappelmann bei seiner nächsten Station auf dem Weg dorthin angekommen: Als Carlo-Schmid-Stipendiat hat es ihn auf die Insel Barbados geführt, wo er in den kommenden Monaten im Karibischen Büro für Katastrophenbereitschaft und Soforthilfemaßnahmen und damit für das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen arbeitet.
Noch kann Jannis Kappelmann seinen bisherigen Weg nicht wirklich (be-)greifen. „Einen großen Anteil daran haben die Menschen, die mich immer wieder motiviert haben“, erzählt Kappelmann. „Neben meiner Familie waren das insbesondere die ZU-Studierenden, die mich angesteckt haben mit ihren großen Ideen, die größer sind als sie selbst, aber eben auch anstacheln, etwas anzupacken.“