01.07.2022

Robert Heil

Robert Heil ist ein Wanderer zwischen den Welten. Nach einem Bachelor in Theater-, Medien- und Buchwissenschaften begleitete er in der Filmwelt DVD-Releases und Postproduktionen. Seit dem AMC-Master an der ZU verweilt er in einer weiteren, ihm lange verbundenen Welt: der Gamingwelt. Darin eintauchen ließ er seine Mitstudierenden in der von ihm mitorganisierten Vortragsreihe „Not Playing Around – The Business, Theory, Art & Culture of Gaming“. Er selbst betritt die virtuelle Welt aktuell in einem Praktikum und demnächst auch in seiner Masterarbeit. Und wenn er davon einmal genug hat, dann betrachtet er als Imker eben die Welt im Kleinen.



Rückblickend waren die 90er eine aufregende Zeit, um darin aufzuwachsen. Konsolen sorgten in den Kinder- und Jugendzimmern für tage- und nächtelange Spielexzesse. Techno und Grunge eroberten die Charts wie die Straßen. Neben dem normalen TV-Programm flirrten nur um Mitternacht grelle japanische Anime über die Fernsehbildschirme. Mittendrin in dieser ablenkungsreichen (Medien-)Welt und dazu noch in einem ablenkungsarmen Dorf in der Oberpfalz lebte Robert Heil, den nachts Serien wie „Neon Genesis Evangelion“ und Filme wie „Ghost in the Shell“ wachhielten. Da geriet die Schule leicht zur Nebensache, Hauptsache das Abitur bestehen.


Irgendwas mit Medien: Dieser entschlossenen Unentschlossenheit folgend, ging es für Robert Heil an die nahegelegene Friedrich-Alexander-Universität Erlangen. Dort studierte er im Hauptfach Theater- und Medienwissenschaften und im Nebenfach Buchwissenschaften – mit dem Ziel, einen möglichst breiten Einblick zu bekommen, was man mit Medien überhaupt machen kann. „Es sagt viel über mein Verhältnis zu meinem ersten Studium aus, wenn ich ohne Umschweife behaupten kann, dass für mich die Projekte neben dem Studium wegweisender waren“, bemerkt Heil.


Da war zum einen sein Engagement beim japanischen Filmfestival „Nippon Connection“, das jedes Frühjahr in Frankfurt am Main über die Bühne geht. „Als Junge für alles habe ich sämtliche Facetten der Festivalorganisation von der Pike auf gelernt: von der Pressearbeit über die Gästebetreuung bis hin zum Büromanagement“, erwähnt Heil. Und weil es ihn ärgerte, dass er sich nicht vernünftig mit den japanischen Gästen verständigen konnte, besucht er seither regelmäßig Sprachkurse. Zum anderen ist da seine Passion als DJ. Gemeinsam mit zwei Freunden fing er an aufzulegen – erst auf kleinen Geburtstagsfeiern und später bei einer eigenen Partyreihe im größten Club der Stadt.


Ansonsten kämpfte sich Robert Heil weit mehr Stunden durch die virtuelle „World of Warcraft“ als durchs reale Studium. Wie in vielen Genres von Videospielen üblich, musste letztlich noch der Endboss bezwungen werden – oder anders ausgedrückt: die Bachelorarbeit. Diese letzte Hürde bewältigte Robert Heil, indem er einen intermedialen Vergleich zwischen Comic, Videospiel und Film anstellte. Item zum (akademischen) Leveln: „Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt“.


Auf dem Filmfestival, für das Robert Heil ehrenamtlich arbeitete, lernte er den Geschäftsführer des Filmverleihers Rapid Eye Movies GmbH kennen, der japanische Filme in die deutschen Kinos und Läden brachte. Nach dem Bachelorstudium mündete dieser Kontakt in ein Praktikum in einer Stadt, die seine zweite Heimat wurde: Köln. Bei dem Filmverleiher kümmerte er sich um Details, die für ein DVD-Release eines japanischen Streifens wichtig sind: Untertitel, Synchronisation, Trailer oder Cover- und Menügestaltung. Weiter ging es als Projektmanager bei der auf Dokumentationen spezialisierten Real Fiction Filmverleih GbR, wo ihn die gleiche Arbeit erwartete. „Weil es mir mit der Zeit zu einseitig wurde, habe ich mich weitergebildet und bei einem befreundeten Cutter und in einer Postproduktionsfirma gelernt, wie man Filme nachbearbeitet“, berichtet Heil.


Wenig später kam Robert Heil an einen Job, vom dem er zum damaligen Zeitpunkt nie zu träumen gewagt hätte: Bei der Pandora Film Produktion GmbH wurde er als Postproduction Supervisor eingestellt und war damit nach Drehschluss für Schnitt, Sounddesign, Musik oder CGI-Effekte von deutschen wie internationalen Filmproduktionen leitend verantwortlich – und das in einem Alter von gerade einmal 26 Jahren. „Es war der berüchtigte Sprung ins kalte Wasser, der aber dank des Vertrauens und der Unterstützung aller geglückt ist“, erzählt Heil.


Nach mehr als drei Jahren in der Postproduktion spürte Robert Heil, dass es Zeit für eine Veränderung war. „Eigentlich wollte ich bereits nach dem Abitur für längere Zeit ins Ausland, doch damals machte mir eine Schulteroperation einen Strich durch die Rechnung“, erzählt Heil. „Aber seither ließ mich der Gedanke nie wirklich los, nur dass es jetzt hieß: Wenn ich es nicht schaffe, vor meinem 30. Lebensjahr eine langjährige Reise anzutreten, dann wird daraus nichts mehr.“ Festanstellung gekündigt, Sachen gepackt, Mut gefasst, los ging´s.


Das erste halbe Jahr seiner Reise führte ihn über Osteuropa, das Baltikum, Russland (mit Zwischenstopp in der Mongolei) und Südkorea nach Japan. „Dort habe ich mehrere Monate sowohl in einem Hotel an der Rezeption als auch auf einer Farm gearbeitet, was den schönen Nebeneffekt hatte, dass ich dabei meine Sprachkenntnisse aufpolieren konnte“, berichtet Heil. Anschließend reiste er weiter über Taiwan nach Australien, wo er zeitweise das Yogastudio einer entfernten Bekannten seiner Familie führte.


Weil sein Vater schwer erkrankte und sich sein Gesundheitszustand zusehends verschlechterte, kehrte Robert Heil vorzeitig nach Deutschland zurück, um gemeinsam mit seiner Mutter die intensive Pflege zu übernehmen und weitere Pflegeleistungen zu organisieren. Um zwischendurch ein bisschen den Kopf freizubekommen, engagierte er sich in der DAV-Sektion Neumarkt und betreute Kinder und Jugendliche beim Klettern und Bouldern oder versorgte als Hobbyimker seine Bienenvölker – ein Handwerk, das er in seiner Zeit auf der Farm in Japan kennen- und lieben gelernt hatte. „Die Arbeit mit Bienen kann sehr inspirierend für den eigenen Arbeitsalltag sein, denn es geht darum, vorsichtig, respektvoll, einfühlsam und vorausschauend zu agieren“, bemerkt Heil.


Der engste Familienkreis war es auch, der Robert Heil auf die Universität in Friedrichshafen am Bodensee aufmerksam machte. „Mein Bruder Thomas Heil, der gerade an der ZU promoviert, berichtete mir von dem neu entworfenen AMC-Master“, erläutert Heil. „Und dieser Master war genau das, was ich wollte. Denn er vereint neuartige Perspektiven auf die Kreativwirtschaft mit breitem Wissen über Management und Führung im Kultur- und Medienbereich.“


Im Gegensatz zu seinem Erststudium nutzte Robert Heil an der ZU auch die sich ihm hier bietende Möglichkeit, sein Studium selbst zu gestalten: Unter dem Titel „Not Playing Around – The Business, Theory, Art & Culture of Gaming“ organisierte er gemeinsam mit seinem Kommilitonen Matthias Lenz und dem ZU-Nachwuchswissenschaftler Felix Krell eine zehnteilige interdisziplinäre Vortragsreihe. „Ziel war es, damit ein Licht auf den am stärksten wachsenden Kreativmarkt weltweit und das dazugehörige Forschungsfeld zu werfen“, erklärt Heil, der zudem ein gern gesehener Gast ist, wenn er als DJ bei Events mit Schallplatten oder DJ-Controllern herumspielt oder in der Programmschaft versucht, Reformen anzustoßen und Strukturen zu verändern.


Als Ende vergangenen Jahres sein Vater verstarb, nahm sich Robert Heil eine Auszeit. Um mehr Abstand zur Masterarbeit zu gewinnen und um ein wenig auf andere Gedanken zu kommen, entschied sich Robert Heil in diesem Frühjahrsemester für ein Praxissemester. Aktuell macht er ein Praktikum in dem Start-up „TxK Gaming Studios“ in Düsseldorf, das eine Virtual Reality-Anwendung für das Pen & Paper-Rollenspiel „Dungeons & Dragons“ entwickelt.


Robert Heil hat an der ZU glücklicherweise nicht (nur) mit Verliesen und Drachen zu tun, ganz im Gegenteil: „An der ZU habe ich schnell gemerkt, wie viel Potenzial darin steckt, sich untereinander zu vernetzen, gemeinsam neue Ideen zu schaffen und spannende Projekte zu verwirklichen“, sagt Heil, der für seine Masterarbeit aller Wahrscheinlichkeit nach viel Zeit in virtuellen sozialen Räumen verbringen wird. Während die genaue Fragestellung noch offen ist, gilt eine Zukunft in der Videospielbranche als ausgemachte Sache – jedenfalls ist Robert Heil gerade dabei, in der realen Welt die notwendigen sozialen Kontakte zu knüpfen.

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