Gesellschaftliche Entwicklungen zu verstehen, aber ebenso aktiv zu prägen – das motiviert Samuel Groesch. In einem Medienverband engagiert er sich, um jungen Menschen den kreativen und kritischen Umgang mit Medien zu vermitteln. In seinem CCM-Bachelor an der ZU hat er sich vor allem mit dem Zusammenspiel von Kommunikation und Politik befasst. Wie sich die digitale Transformation auf unsere freiheitliche Gesellschaft auswirkt, möchte er nun in einem Master in Data & Society an der London School of Economics and Political Science untersuchen.
Foto: Alex Kleis
Während seiner Schulzeit entwickelte Samuel Groesch eine Begeisterung für Medien, Technik, aber auch den gesellschaftlichen Diskurs. „Gemeinsam mit Mitschülerinnen und Mitschülern habe ich eine Schülerzeitung gegründet, um der Schulgemeinschaft ein Medium zum Austausch zu geben und um Themen anzustoßen, die uns bewegen“, erzählt Groesch. Mehrere Ausgaben leitete er an, kümmerte sich um Organisation und Finanzierung, aber auch um Layout und Fotografie. „Gereizt hat mich die gesamte Produktion, bei der viele verschiedene Räder ineinandergreifen müssen, damit ein Magazin entsteht. Ebenso war es immer wieder eine große Freude, die Wirkung einer veröffentlichten Ausgabe zu beobachten“, berichtet Groesch.
Autodidaktisch eignete er sich nicht nur journalistisches und fotografisches Know-how an, sondern tauchte auch in die Welt von Smartphones und Apps ein, um sein Wissen in Form von Testberichten und Artikeln in Fachmagazine zu bringen. „Meine ersten Honorare investierte ich wiederum in Foto- und Technikequipment“, erzählt Groesch, „um mich mit den Möglichkeiten dieser Tools vertraut zu machen. “ Mittlerweile arbeitet er seit mehreren Jahren als selbstständiger Fotograf und berät Unternehmen zu Fragen der Kommunikation. „Gerade über die Fotografie lassen sich ästhetische Perspektiven aufzeigen und einbringen, die häufig zu kurz kommen“, erwähnt Groesch.
Ein fotografischer Auftrag führte ihn zu einer vom Deutschen Bundestag, der Bundeszentrale für politische Bildung und der Jugendpresse Deutschland e.V. organisierten Lehrredaktion nach Berlin. „In der Hauptstadt die parlamentarische Arbeit kennenzulernen, in die Redaktionsräume von großen Medienhäusern zu blicken und mich mit Menschen auszutauschen, die ähnliche Interessen haben, das hat mich fasziniert“, erinnert sich Groesch. Zurückgekehrt in seine in Rheinhessen gelegene Heimatstadt Alzey, fand er mit der Jugendpresse Rheinland-Pfalz e.V. einen inaktiven Verein vor, den er gemeinsam mit dem verbliebenen Vorstand wieder auf die Beine stellte. Was bedeutete: Vereinsstrukturen überarbeiten, Veranstaltungen konzipieren, finanzieren und umsetzen. „In einem so kleinen Team zu arbeiten, hat auch Vorteile – wir konnten Ideen schnell umsetzen, intensiv zusammenarbeiten und waren sehr flexibel darin, uns zu verwirklichen.“
Aus einer dieser Ideen erwuchs das bis heute bestehende Lehrmagazin „wirklich\wahr“. Für jede Ausgabe kommt ein neues, junges Redaktionsteam zusammen, um angeleitet von einer erfahrenen Chefredaktion ein Magazin entstehen zu lassen – jeweils mit einem Themenschwerpunkt wie der gerade aktuellen Redaktion zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. „Der Fokus meiner Arbeit hat sich schnell verschoben vom eigenen journalistischen Arbeiten hin zum unternehmerischen Denken: Die Konzeption macht zwar Spaß, aber Projekte müssen letztlich auch umgesetzt werden. Das heißt dann Personal suchen und betreuen, Finanzierung sichern, Buchhaltung machen, Veranstaltungen bewerben und ein Team aufbauen“, erklärt Groesch.
Inspiriert vom Jugendmedienworkshop im Deutschen Bundestag, organisiert Samuel Groesch seit 2018 mit „Medien & Politik“ ein ähnliches Format in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt. Inzwischen führen nicht mehr nur zwei, sondern rund 20 junge Menschen die mittlerweile in Medienebene e.V. umbenannte Jugendpresse Rheinland-Pfalz e.V. Bis heute ist er als Beirat im Verband aktiv und Projekten wie auch dem Team eng verbunden.
Ohne dieses Engagement hätte er seinen Weg womöglich erst gar nicht an die ZU gefunden, denn es war einer dieser Kontakte bei der Jugendpresse, der sein Augenmerk auf die ZU lenkte. „Gerade wegen der hohen Wahlfreiheit entschied ich mich für den CCM-Bachelor – und um mich mit den Auswirkungen des Medienwandels auf die Gesellschaft und die Politik zu beschäftigen“, erklärt Groesch. Um sein politisches Interesse, das er vor dem Studienstart durch ein Praktikum im Brüsseler Büro des Europaabgeordneten Martin Sonneborn gefestigt hatte, im Curriculum abzubilden, entschied er sich für einen PAIR-Minor. Darüber hinaus stand neben seiner Zeit bei der Politikberatung 365 Sherpas auch sein Auslandssemester an der Sciences Po ganz im Zeichen der Politikwissenschaften. „Wenn mich jemand fragt, was ich an der ZU studiert habe, dann sage ich immer: Kommunikation und Politik.“
Während Samuel Groesch sich in den ersten beiden Semestern noch vorrangig in der Medienebene einbrachte, änderte sich dies mit dem dritten Semester. In einem Team aus Kommilitoninnen und Kommilitonen strukturierte er den Hochschulsport neu und baute während der Corona-Pandemie eine digitale Infrastruktur auf. Außerdem organisierte er als Stipendiat der Heinrich-Böll-Stiftung hochkarätig besetzte Diskussionsrunden zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen. „Die ZU zeichnet sich für mich besonders durch ihr hohes Potenzial an Freiheit und Flexibilität aus. Die Möglichkeiten sich einzubringen, zu lernen, zu forschen und zu diskutieren sind in der familiären Umgebung am See so wie kaum irgendwo anders. Man muss sie nur nutzen!“
Freiheitsrechte und der Wunsch nach einer gerechten Gesellschaft spielen für Groesch eine zentrale Rolle in seiner Betrachtung aktueller Entwicklungen. So beschäftigte er sich im Laufe seines Studiums zunehmend mit der digitalen Transformation und wie sie sich auf gesellschaftspolitische Diskurse auswirkt. Dies spiegelt am besten sein Humboldt-Projekt wie auch seine Bachelorarbeit wider. Wie beeinflussen digitale Medien soziale Strukturen wie Protestbewegungen? Um zu analysieren, ob die Neue Rechte die Querdenken-Bewegung infiltriert, entwickelte er eine datengetriebene Erhebungsmethode. „Telegram ist in der Forschung noch stark unterrepräsentiert. Der von mir programmierte Crawler agiert auf der Plattform, erkennt neue Gruppen und Kanäle und speichert die verfügbaren Metadaten in einer Datenbank“, erläutert Groesch. Nach seiner Netzwerkanalyse stellte er fest: „Beide Netzwerke zeigen hohe Schnittmengen, was auf doch sehr ähnliche Diskursräume schließen lässt. Doch die Bildung kleinerer, getrennter Echokammern ist ebenfalls zu beobachten.“
Ausgehend von seinen Erfahrungen und seinen Forschungen betrachtet Samuel Groesch die technischen Entwicklungen kritisch: „Digitale Plattformen, Algorithmen und Daten haben tiefgreifende Auswirkungen auf unseren Alltag, unser Zusammenleben und unsere Zukunft. Die Überführung von Freiheitsrechten in das digitale Zeitalter, eine gerechte Gesellschaft unter algorithmisierten Entscheidungen und der Schutz persönlicher Daten sind mir hier ein besonderes Anliegen.“
Um stärker auch die sich anschließenden regulativen Themen bearbeiten zu können, studiert er seit vergangenem Herbst Rechtswissenschaften an der FernUniversität Hagen. „Zunächst müssen wir die Effekte dieser Techniken verstehen, um auf sie reagieren zu können. Auch geopolitisch wird der Umgang mit diesen Fragen immer wichtiger – wie wir etwa mit der DSGVO bereits sehen konnten, die starke Auswirkung auf die globale Regulierung hatte“, erzählt Groesch, der zum Ende seines Bachelorstudiums fünf Monate lang bei der Münchner Sicherheitskonferenz mitwirkte.
Nahtlos an seine Graduierung anknüpfend widmet Samuel Groesch sich seit September der sozialwissenschaftlichen Betrachtung eben jener Themen im Rahmen eines Masters in Data & Society an der London School of Economics and Political Science. „Ich freue mich darauf, an der Schnittstelle von Kommunikation, Politik und Technik die aktuellen Entwicklungen noch besser zu verstehen, um meinen Teil einer positiven Veränderung leisten zu können.“