Hanna Bencseky hat alles andere als einen geradlinigen Weg hinter sich. Dabei ist sie persönlich das eine oder andere Mal an ihre Grenzen gestoßen, doch sie hat nie aufgegeben und immer an sich und ihren Traum von einem Studium geglaubt. Dass sie es soweit geschafft hat und als CCM-Studentin nun ihre Bachelorarbeit im Bereich Innovationsmanagement abgegeben hat, passt zu ihrer Lebenseinstellung: „Es ist wichtig, ab und zu auch mal ins kalte Wasser zu springen, um Neues zu entdecken, Bereicherndes auszuprobieren und so voranzukommen.“
Hanna Bencseky ist in Zürich geboren und in einem ungarischen Haushalt zweisprachig aufgewachsen. In einer unbeschwerten Kindheit – die Mutter Innenarchitektin und Designerin, der Vater Künstler – entwickelte sie eine bunte Bandbreite an Interessen: vom Geigenspiel über Leichtathletik bis hin zu Naturwissenschaften. Im 13. Lebensjahr angekommen, wendete sich das Leben für sie und ihre Familie: „Bei meiner Mutter wurde damals Multiple Sklerose diagnostiziert, und weil meine Eltern inzwischen getrennt lebten, habe ich mich intensiv um meine erkrankte Mutter gekümmert“, erzählt Bencseky. „Das hat zwangsläufig dazu geführt, dass ich in der Schule über mehrere Jahre große Probleme hatte.“ Wegen einer nicht bestandenen Aufnahmeprüfung blieb der Weg aufs Gymnasium versperrt. Sie schaffte zwar den Schulabschluss auf der Sekundarschule (entspricht der deutschen Hauptschule), doch die Noten entsprachen nicht ihren Ambitionen, später das Abitur zu machen und zu studieren.
Doch aufgeben war nicht, also suchte sie nach einem alternativen Weg, den sie schließlich im Angebot der International School Winterthur fand. Mit harter Arbeit und Selbstdisziplin – „immerhin musste ich den Schulstoff von mehreren Jahren aufholen“ – absolvierte sie dort ein einjähriges Pre-IB (International Baccalaureate) Diploma Programm; nebenher unterstützte sie ihre Mutter, wo es nur ging. Mit dem Bestehen eröffnete sich die Möglichkeit, ein zweijähriges IB Diploma Programm zu durchlaufen und so doch noch die Zugangsvoraussetzung für ein Universitätsstudium zu erlangen. „Nach diesem Jahr, das mich vollkommen entkräftet hat, wusste ich, dass ich die nächsten zwei Jahre nur überstehe, wenn ich von zu Hause weggehe“, bemerkt Bensceky. Sie sorgte dafür, dass ihre Mutter bei Verwandten in Ungarn umsorgt wurde und bewarb sich an der Schule Schloss Salem.
Dank ihrer Überzeugungskraft und ihrem Willen, den vor ihr liegenden Weg erfolgreich zu beschreiten, erhielt sie nach mehrstufigen Auswahlverfahren von der Schule Schloss Salem die Zusage und von der Stadt Zürich ein Stipendium. Auf dem Internat machte sie letzten Endes nicht nur ihren IB, sondern entdeckte auch eine große Leidenschaft, die ihr Selbstbewusstsein und ihre Empathiefähigkeit weiter stärkten: das Theater. Einerseits schlüpfte sie auf der Bühne in verschiedene Rollen, andererseits führte sie eigenständig Regie, interpretierte und inszenierte Stücke. „Neben dem starken Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaft hat mir die Arbeit auf und neben der Bühne die Kraft gegeben, um die anderen anspruchsvollen Aufgaben im Internat zu schaffen“, sagt Bencseky.
Es folgte ihre Bewerbung für ein Studium an der ZU. „Zum einen habe ich mich für die ZU entschieden, weil sie Menschen anzieht, die weiter über den Tellerrand hinausschauen und höher hinaus wollen und sich demnach gegenseitig voranbringen. Zum anderen habe ich besonders bei meinen Regiearbeiten festgestellt, dass mir nicht nur das vordergründige kreative Schaffen, sondern auch das Managen von Prozessen dahinter liegt – und genau diese Kombination von Kultur und Management habe ich im CCM-Bachelor an der ZU vorgefunden.“
Erneut konnte sie beim „Pioneers Wanted!“ eine Auswahlkommission von ihrer Persönlichkeit überzeugen. „Im ersten Semester fühlte ich mich überwältigt und überfordert von der Vielzahl an Möglichkeiten und Begegnungen“, räumt Bencseky ein. Doch allmählich wurden aus fremden Gesichtern bekannte, später entwickelten sich mehr und mehr Freundschaften – und gemeinsame Interessen und Projekte: so wie das zu Beginn des zweiten Semesters gemeinsam mit zwei Mitstudierenden inszenierte Theaterstück „Crave“ von Sarah Kane beim studentisch organisierten Kulturfestival „Seekult“.
Ein grundlegendes Interesse am Thema Diversität – das sich durch ein Praktikum bei Plan W, dem Frauenwirtschaftsmagazin der Süddeutschen Zeitung, verstärkt hat – und am Wohlbefinden ihrer Mitmenschen – das sich durch ihren persönlichen Hintergrund intensiviert hat – bekleidete sie ab dem fünften Semester für ein Jahr in das Amt der Diversitätsbeauftragten. Im Mittelpunkt ihrer Amtszeit stand die Organisation eines Workshops im Rahmen des „Diversity Days“ mit mehr als 100 Teilnehmenden: „Ziel des gesamten Tages war es, die Vielfalt an Lebensrealitäte zu präsentieren, die unsere Universität ausmacht“, erklärt Bencseky.
In ihrem Studium benötigte sie anfangs noch Übung und Unterstützung, um ein Verständnis für die Kursinhalte – von Statistik über BWL bis hin zu Recht – zu entwickeln. „Neben den kommunikations- und kulturwissenschaftlichen Kursen haben mich besonders die ökonomischen Aspekte gereizt“, bemerkt Bencseky. So wählte sie ab dem dritten Semester einen Minor in CME. In einem der wirtschaftswissenschaftlichen Kurse lernte sie mit Innovationsmanagement ein Thema und mit Ellen Enkel eine Wissenschaftlerin kennen, die sie während ihres gesamten Studiums begleiten sollten. „Ich habe sofort registriert, dass Innovationsmanagement genau das vereint, was mich am meisten fasziniert – nämlich, wie man in einem Wirtschaftsunternehmen Kreativität einsetzen kann, um Ideen zu generieren und Veränderungen herbeizuführen“, erläutert Bencseky.
Am Lehrstuhl für Innovationsmanagement ergab sich daraufhin eine gezielte Projekttätigkeit. Das Thema: „Trust in Artificial Intelligence – How is trust in AI fostered?“ Parallel dazu verbrachte Hanna Bencseky ein Auslandssemester an der Universitat Abat Oliba CEU in Barcelona, wo sie sich als CCM-Studentin auch mit wirtschaftlichen Komponenten auseinandersetzte; zwischenzeitlich akquirierte sie für die studentisch organisierten Workshop- und Karrieretage „ZUtaten“ Unternehmen.
Nur verständlich, dass sie sich mit der Frage des Vertrauens in Künstliche Intelligenz auch im Rahmen ihrer Humboldt- und Bachelorarbeit beschäftigte. „Was das Forschungsthema besonders interessant machte, war die Tatsache, dass es dazu noch kein wissenschaftlich fundiertes Theoriegebilde gab“, erklärt Bencseky. Um diese Theorie aufzuspüren, musste sie zunächst eine systematische Literaturanalyse durchführen; daraus wiederum entwickelte sie ein erstes erweiterbares technologisches Akzeptanzmodell. Eine empirische Erweiterung des Modells mit KI-spezifischen Konstrukten und eine qualitative Überprüfung des Modells anhand von Experteninterviews erfolgte dann im Zuge ihrer Bachelorarbeit. „Aus den gewonnenen Daten und Erkenntnissen konnte ich außerdem Handlungsempfehlungen ableiten, wie Unternehmen Vertrauen in KI fördern können – und das vor allem bei ihren Kunden“, ergänzt Bencseky.
Währenddessen absolvierte sie ein mehrmonatiges Praktikum im Bereich Unternehmensentwicklung bei PayPal in Berlin – und das in Vollzeit. „In der Recherche zu meiner Humboldt-Arbeit habe ich mich mit vielen Technologieunternehmen befasst. Wie der Zufall so will, ist mein Algorithmus irgendwann bei PayPal Jobs und schließlich bei der Praktikumsanzeige gelandet“, berichtet Bencseky. In einem halben Jahr führte sie eine Marktanalyse für die Erschließung eines neuen vertikalen Marktes durch und präsentierte diese vor dem Management. Nach dem Go übernahm sie das Projekt: „Dabei musste ich mit internen Kolleginnen und Kollegen rechtliche und technische Fragen klären, um Strukturen auf den Weg zu bringen, und externen Händlern Fragen stellen, um mehr Licht in einen undurchsichtigen Markt zu bringen.“ Das daraus entstandene Strategiekonzept hat sie nach ihrem Praktikum übergeben – und wird derzeit auch implementiert.
Wie geht es nun weiter? „Nach einer intensiven, wertvollen und glücklichen Zeit an der ZU, die mich dank der vielfältigen Unterstützung von Mitstudierenden, Dozierenden und Mitarbeitenden bereichert und weitergebracht hat, möchte ich mein Wissen bezüglich Innovationsmanagement weiter vertiefen und in diesem Bereich einen praxisorientierten Master und eine berufsbegleitende Promotion absolvieren.“