Laura Alviž ist es wichtig, sich für ihre Mitmenschen einzusetzen, sie zu unterstützen und sie an ihren Erfahrungen und ihrem Wissen teilhaben zu lassen. Als studentische Senatorin hat sie die Interessen der Studierenden vertreten, als Vorleserin bringt sie geflüchteten Kindern die deutsche Sprache näher, als Cheftrainerin der Debattiernationalmannschaft hat sie jungen Menschen zu mehr Selbstbewusstsein und besseren Argumenten verholfen, als Wissenschaftlerin möchte sie zukünftig Forschung und Lehre betreiben und so gesellschaftspolitische Veränderungen herbeiführen.
Mit einer gehörigen Portion Neugierde ausgestattet und stets nach neuen Herausforderungen suchend, probierte und probiert sich Laura Alviž immer wieder aus. Als Kind verfasste sie Geschichten und Gedichte, als Schülerin gründete sie zusammen mit einer Deutschreferendarin eine Schülerzeitung und brachte jüngeren Schülerinnen und Schülern das Artikelschreiben bei, als Abiturientin absolvierte sie ein Praktikum bei einer Tageszeitung, als Studentin arbeitete sie dort freiberuflich.
Neben dem Journalismus spielten gesellschaftspolitische Themen eine große Rolle: Während sie im Europäischen Jugendparlament viel über Inhalte erfahren hat, hat sie beim Debattieren viel übers Denken gelernt: „Beide Formate haben mir sehr viel Spaß gemacht und mich weitergebracht, ich habe mich schließlich aber dazu entschieden, mich stärker aufs Debattieren zu konzentrieren.“ Dadurch, dass ehemalige und aktuelle Lehrer zugleich Vorsitzende der Debating Society Germany e.V. waren und sind, war das Thema in und zwischen den Klassenräumen immer präsent gewesen: „Und da ich ein gewisses gesellschaftspolitisches Interesse und Sprachtalent mitgebracht habe, wurde ich zwangsläufig von Mitschülerinnen und Mitschülern angesprochen, ob ich es nicht auch mal versuchen möchte. Ich dachte nur: Dann probierst du es halt mal aus!“
Eine besondere Beziehung baute Alviž zu einer Mitschülerin auf, die Teil der Nationalmannschaft war und sie unter ihre Fittiche nahm. „Neben viel Argumentations- und Sprechtraining hat sie dafür gesorgt, dass ich an zahlreichen nationalen und internationalen Debattierturnieren teilnahm“, berichtet Alviž. Gleich beim ersten Turnier – fern der Heimat in der türkischen Metropole Istanbul – bildete sie gemeinsam mit zwei Mitgliedern der Nationalmannschaft ein Team. „Auch wenn ich ins kalte Wasser geworfen wurde, hat diese heraus- und teils auch überfordernde Situation meinen Ehrgeiz geweckt“, erwähnt Alviž. Viele Turniere und eine steile Lernkurve später, schaffte sie es in ihrem letzten Schuljahr tatsächlich ins Nationalteam.
Nach dem Abitur war dann allerdings der Punkt gekommen, an dem sie ihre Erfahrungen und ihr Wissen nicht nur für sich behalten, sondern auch an andere weitergeben wollte. Möglich war ihr das zunächst als Co-Trainerin, dann sogar als Cheftrainerin der Nationalmannschaft. „Das Größte an diesem Posten war es, zu sehen, wie sich die einzelnen Teammitglieder persönlich weiterentwickeln, und zu erkennen, dass man zumindest einen kleinen Beitrag dazu geleistet hat.“
Doch sowohl beim journalistischen Schreiben als auch beim Debattieren fehlte ihr die inhaltliche Tiefe, zu häufig wurde nur an der Oberfläche gekratzt. Bei der Studienwahl richtete sich ihr Blick zunächst auf interdisziplinäre Studiengänge in Großbritannien, „doch zu dem Zeitpunkt fühlte ich mich noch nicht bereit, diesen Schritt zu gehen.“ Daher suchte sie nach einem Studium an einer deutschen Universität, das einen ähnlich interdisziplinären Charakter aufweist – „und der PAIR-Bachelor an der ZU zeigte die größten Übereinstimmungen.“ Doch nicht nur das überzeugte sie: „Was mir besonders gefallen hat, war das Auswahlverfahren“, sagt Alviž. „Zum einen, weil es dabei hauptsächlich darum ging, wer ich bin und was ich kann. Zum anderen, weil ich mir bei den so vielseitig interessierten und diskussionsfreudigen Menschen, die ich damals kennenlernen durfte, direkt vorstellen konnte, mit diesen die nächsten vier Jahre zu verbringen.“
Bereits im Zeppelin-Jahr erlebte sie hautnah, wie Wissenschaft funktioniert. „An der Universität habe ich erstmals begriffen, wie viel Wissen es auf der Welt gibt und wie intensiv man sich damit auseinandersetzen kann“, bemerkt Alviž. „Und bereits bei meiner ersten Hausarbeit über soziale Mobilität in Großbritannien habe ich erkannt, wie viel Spaß mir das wissenschaftliche Arbeiten macht.“ Dabei speisten sich ihre Interessensgebiete aus Themenfeldern, die beim Schuldebattieren aufgegriffen wurden: Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, soziale Ungleichheit oder Entwicklungshilfe ließen sie seither nicht mehr los. „Was aber auch mit persönlichen Erfahrungen zu tun hat“, ergänzt Alviž. „Wenn dir gesagt wird, dass es egal ist, welche Qualifikationen du mitbringst, am Ende des Tages verdienst du weniger als ein Mann in der gleichen Position, dann ist es zumindest mein Recht, auf wissenschaftlichem Wege so viele Erkenntnisse wie möglich zu gewinnen, um so gesellschaftspolitische Veränderungen herbeiführen zu können.“
Mit dem Zugang von sozial benachteiligten äthiopischen Frauen zu Mikrokrediten befasste sie sich etwa während ihres Humboldt-Forschungssemesters an der University of California, Berkeley. „Dabei habe ich bemerkt, dass mir das eigenständige Arbeiten an einem Forschungsprojekt über einen längeren Zeitraum hinweg liegt,“ erläutert Alviž. In eine ganz ähnliche Richtung bewegten sich eine von Laura Alviž gemeinsam mit zwei Kommilitoninnen initiierte StudentStudy zum Thema Gender Studies und ein Praktikum bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die Rechtsberatung und Aufklärungsarbeit leistet.
Sozial benachteiligte Menschen auch im Alltag zu unterstützen – dieser Gedanke keimte in Laura Alviž nicht erst in Berkeley auf, wo sie die Omnipräsenz von Obdachlosen und Bedürftigen schockierte und sie deshalb beim Berkeley Food and Housing Project mitwirkte. Bereits zuvor und auch zukünftig fördert sie im Rahmen des Vorlesenetzwerks der Kinderstiftung Bodensee die Sprach- und Lesekompetenz von geflüchteten Kindern.
Engagiert zeigte sich Laura Alviž auch an der ZU. Auch wenn sie nicht selbst an Meisterschaften im Hochschuldebattieren teilgenommen hat, übernahm sie zwei Jahre lang den Vorsitz der studentischen Initiative „The Soapbox – Club für Rhetorik und Debating: Dabei organisierte sie die Clubtreffen und setzte sich für eine stärkere Orientierung am Debattieren nach englischem Vorbild ein. „Nach meiner langjährigen Aktivität im Schuldebattieren denke ich nicht, dass für mich die finanzielle und zeitliche Belastung noch in einer sinnvollen Relation zu dem gestanden hätte, was ich noch Neues hätte lernen können“, erklärt Alviž.
Gleich zu Studienbeginn musste sie außerdem etwas aufholen, was viele ZUler bereits hinter sich hatten: „Ich war während meiner Gymnasialzeit nie Klassen- oder Schulsprecherin“, bemerkt Alviž. „Und da die studentische Mitbestimmung an der ZU großgeschrieben wird und ich sowieso nach einer neuen Herausforderung gesucht habe, kandidierte ich für das Amt der Kommunikationsbeauftragten unter den studentischen Senatoren.“ Und das mit Erfolg. Ein Jahr später saß sie gemeinsam mit weiteren drei studentischen Senatoren im höchsten universitären Gremium, dem Senat, und setzte sich dort für die Interessen der Studierenden ein. „In diesem Jahr habe ich mich besonders darum gekümmert, das Bewusstsein für das Thema Geistige Gesundheit zu schärfen und wie man bestimmte Missstände beheben kann“, berichtet Alviž.
Noch bis September absolviert Laura Alviž ein Praktikum in der Deutschen Botschaft London, um einen Einblick in die Arbeit im Auswärtigen Dienst zu gewinnen. Anschließend bleiben noch die letzten Kurse und die Bachelorthesis. Doch während das zu bearbeitende Thema der Abschlussarbeit noch in den Sternen steht, stehen ab dem kommenden Herbstsemester zwei Projekte fest: Einerseits wird Laura Alviž als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Internationale Beziehungen arbeiten, andererseits wird sie als Vertretungslehrerin an der Swiss International School unterrichten. Forschung und Lehre zu betreiben, das kann sie sich auch in Zukunft vorstellen: „Stand jetzt möchte ich gerne nach meinem Bachelor und Master in der Wissenschaft bleiben.“