Apr 201612Di
19.15 Uhr – 21.15 Uhr
Friedrichshafen | ZF Campus, Blackbox 1.09

öffentliche Ringvorlesung für Kunstinteressierte an der Zeppelin Universität | "Ökologien des Menschlichen"

Prof Dr Christiane Voss | Der Leihkörper des Films

öffentliche Ringvorlesung für Kunstinteressierte an der Zeppelin Universität | "Ökologien des Menschlichen"

Über die Ringvorlesung:

Naturwissenschaftler bezeichnen das gegenwärtige Erdzeitalter als Anthropozän. Sie verweisen so darauf, dass der Mensch selbst längst zum wichtigsten Einflussfaktor auf die Geologie des Planeten und das gesamte terrestrische Leben geworden ist. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Hybridisierung von Mensch und Technik, Mensch und Maschine und der wachsenden Bedeutung, die unterschiedlichen Formen künstlicher Intelligenz zukommt, wird zugleich auch immer unbestimmter, was mit der Rede von „dem Menschen“ gemeint sein könnte. Wird der Mensch zum Menschen durch spezifische Verhaltensformen und Kompetenzen oder durch die genetische Programmierung des Homo sapiens sapiens? Welche Rolle spielen in diesem Kontext Subjektivität und Individualität? Wie verhält sich die Rede vom Anthropozän zu jener von einem post-humanen Zeitalter?
In Film, Literatur, Musik und der Bildenden Kunst wird die conditio humana oft von ihrer vermeintlichen Rückseite her beleuchtet, ausgehend von dem etwa, was als unmenschlich gilt, als grausam, gewalttätig und schrecklich, als Gegenentwurf also zur humanistischen Vorstellung vom vernunftbegabten Wesen Mensch. So stellt auch der Philosoph Slavoj Žižek in seinem Band „Die politische Suspension des Ethischen“ die Frage nach der conditio humana ausgehend vom Unmenschlichen bzw. ausgehend von dem, was der Mensch nicht ist. Eines seiner Beispiele ist dabei Franz Kafkas Geschichte von Odradek – jener kleinen geheimnisvollen Gestalt, die spricht, lacht, atmet, und im Haus in unregelmäßigen Abständen auftaucht und wieder verschwindet. Sie gibt den Hausbewohnern Rätsel auf, weil unklar ist, ob sie als humanes Wesen zu behandeln ist. Ist sie im gleichen Sinne mit Leben erfüllt? Muss man sie fürchten?
Entlang von Filmen und Romanen, Musikstücken und Kunstwerken orientiert sich die Ringvorlesung „Ökologien des Menschlichen“ an zwei Themenschwerpunkten: Dem Unmenschlichen und der Thematik hybrider Körper und ihrer Identität.


Die Vortragsreihe versteht sich als Auftaktveranstaltung der Ausstellung „Möglichkeit Mensch. Körper | Sphären | Apparaturen“, die am Donnerstag, 28. April 2016 im Zeppelin Museum eröffnet wird. Sie wird gefördert von der Kulturstiftung des Bundes.


Über diesen Vortrag:

In dem Vortrag zum "Leihkörper des Kinos" geht es um eine Verschränkung von philosophie- und medienästhetischer sowie medienanthropologischer Sichtweisen auf die generische Funktion der bewegtbildlichen Illusionsbildung im Kinodispositiv. Ausgehend davon, dass kinematographische Illusion entgegen kulturindustriekritischer oder rein semiotisch-hermeneutischer Lesarten keine Kategorie einer aufklärungsbedürftigen, epistemischen Täuschung ist, sondern in der Linie der Ästhetik des 18. Jahrhunderts – und zwar in Übereinstimmung mit Illusionstheorien von Moses Mendelssohn und Friedrich Nietzsche – als "durchschaute Täuschung" gefasst werden kann, rückt ihre medienästhetisch autonome Funktionslogik und Wirkungsweise ins Zentrum. Der Beitrag thematisiert im Kern daher folgendes:
a) Perspektiven eines affekttheoretisch erweiterten Film- und Illusionsbegriffs, in denen sich organische und technische Faktoren, qua Immersion, immer schon kreuzen und b) den Aspekt der audiovisuellen, bewegtbildlichen Hervorbringung einer emergenten Wahrnehmungsinstanz, die dem in sich multimedialen Film eine hybride Quasi-Subjektivität ohne Eigentümer zuzuschreiben erlaubt.

Für diese hybride Quasi-Subjektivität wurde in der Monographie und einigen Aufsätzen der Vortragenden das Konzept des "Leihkörper des Kinos" entwickelt. Dieses lässt sich auch als ein Modell der affektiven Verschränkung von Mensch und Medium für medienanthropologische Überlegungen in Anspruch nehmen, aus der eine dritte Existenzform hervorgeht. Die Möglichkeiten und Grenzen dieses Konzepts auszuloten und seine Aufschlusskraft für medienanthropologische Fragen zu beleuchten, sollen im Vortrag vertiefend diskutiert werden.

Christiane Voss ist seit 2009 Professorin für die Philosophie audiovisueller Medien an der Bauhaus Universität in Weimar. In ihrer Habilitation hat sie sich mit der Ästhetik der Illusion befasst und auch zahlreiche Aufsätze zum Thema veröffentlicht. Nebenbei ist sie als Dokumentarfilmemacherin tätig.

weitere Termine und Arbeitstitel:
Dienstag, 19. Apr. 2016 | Prof Dr Stephan Schmidt-Wulffen | Das choreografierte Ich - Gordon Matta Clark in seinem Werk
Dienstag, 26. Apr. 2016 | Prof Dr Eva Schürmann | Rene Magritte - Hybride Körper
Dienstag, 03. Mai 2016 | abschließende Veranstaltung

Gefördert durch:

KSB
Veranstaltungsart
Öffentlich
Teilen | Merken
Anmeldeformular

Die Anmeldung für diese Veranstaltung ist nicht mehr möglich.

Zeit, um zu entscheiden

Diese Webseite verwendet externe Medien, wie z.B. Karten und Videos, und externe Analysewerkzeuge, welche alle dazu genutzt werden können, Daten über Ihr Verhalten zu sammeln. Dabei werden auch Cookies gesetzt. Die Einwilligung zur Nutzung der Cookies & Erweiterungen können Sie jederzeit anpassen bzw. widerrufen.

Eine Erklärung zur Funktionsweise unserer Datenschutzeinstellungen und eine Übersicht zu den verwendeten Analyse-/Marketingwerkzeugen und externen Medien finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.