Öffentliche Ringvorlesung | Welche Meisterschaft!? Werk, Subjekt und Masse
Nie wurde der Kreativitätsbegriff so inflationär verwendet wie heute; von kreativen Städten, kreativen Industrien, kreativen Klassen und einem allgegenwärtigen Kreativimperativ ist die Rede. Immer mehr Diagnosen besagen, dass wir in einem Zeitalter beinahe zwanghafter Massenkreativität leben. Ein solches Selbstverständnis zieht auch eine andere Perspektive auf die Kunstgeschichte nach sich, denn damit verschiebt sich die Bedeutung, die einzelnen Werken und ihren Schöpfern beigemessen wird. Längst sind Begriffe wie „Meisterschaft“, „Schöpfer“ und „Genie“ suspekt geworden. Meist werden sie einer konservativ-bildungsbürgerlichen Sphäre zugerechnet, die mit den emanzipatorischen Idealen einer pluralistischen Gesellschaft nur schwer vereinbar scheint.
Die Ringvorlesung verfolgt die Frage, wie sich Autorschaft, Subjektivität und Vorgänge der massenhaften Verbreitung zueinander verhalten.
Der amerikanische Maler Phillip Guston bemerkte in einer Diskussion: „Painting and sculpture are very archaic forms. It’s the only thing left in our industrial society where an individual alone can make something with not just his own hands, but brains, imagination, heart maybe.“ Zählt es also auch heute noch zu den entscheidenden gesellschaftlichen Funktionen von Kunst, Subjektivität zu behaupten? Wie stellt sich Subjektivität in historischen Beispielen dar? Wie situieren sich einzelne Werke, die man geneigt ist, als Schlüsselwerke der Kunstgeschichte anzusehen, vor diesem Hintergrund?
Im Rahmen der Ringvorlesung gehen Experten aus den Bereichen Kunst-, Musik-, und Literatur- und Filmwissenschaft ausgehend von einzelnen Werken oder Werkgruppen auf diese Fragen ein.
Der Vortrag diskutiert Ecos Mittelalterroman im Kontext der Postmoderne-Diskussion und ihrer Wortführer. „Cross the border – close the gap!“ forderte der amerikanische Literaturwissenschaftler Leslie Fiedler 1969 in seinem vielzitierten Aufsatz, den er kennzeichnenderweise in der Zeitschrift Playboy veröffentlichte. Die Überwindung der Grenze zwischen Elite- und Massenkultur und die Einebnung des Grabens zwischen Künstler und Rezipient ist kaum einem Autor so eindrucksvoll gelungen, wie Umberto Eco in seinem 1980 erschienenen Bestseller Der Name der Rose. Was äußerlich als Kriminal-, Abenteuer- und Liebesroman und als Verschnitt klischeehafter Erzählmuster daherkam, war gleichermaßen Dekonstruktion von Meisterschaft, Spiegel semiotischer Kontroversen und zitathafte Inszenierung philosophischer Dispute.
Thorsten Philipp studierte Romanische Philologie, Kunstgeschichte und Politische Wissenschaften an den Universitäten München, Wien, Brescia und Aix-en-Provence. 2009 wurde er am Geschwister-Scholl-Institut für Politische Wissenschaft der Universität München promoviert. Als Lehrbeauftragter für Internationale Beziehungen unterrichtet er an der Münchner Hochschule für Politik. An der Zeppelin Universität betreut er unter anderem die Auswahlverfahren der Bachelorprogramme.
weitere Termine der Ringvorlesung:
28.04.2015: Prof Dr Schmidt-Wulffen: „,Alle Künstler sind Menschen‘. Kippenberger entwirft Kippenberger“
05.05.2015: Prof Dr Karen van den Berg: abschließende Sitzung
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