Raimar Stange | FANtastische Kunst?
Nie wurde der Kreativitätsbegriff so inflationär verwendet wie heute; von kreativen Städten, kreativen Industrien, kreativen Klassen und einem allgegenwärtigen Kreativimperativ ist die Rede. Immer mehr Diagnosen besagen, dass wir in einem Zeitalter beinahe zwanghafter Massenkreativität leben. Ein solches Selbstverständnis zieht auch eine andere Perspektive auf die Kunstgeschichte nach sich, denn damit verschiebt sich die Bedeutung, die einzelnen Werken und ihren Schöpfern beigemessen wird. Längst sind Begriffe wie „Meisterschaft“, „Schöpfer“ und „Genie“ suspekt geworden. Meist werden sie einer konservativ-bildungsbürgerlichen Sphäre zugerechnet, die mit den emanzipatorischen Idealen einer pluralistischen Gesellschaft nur schwer vereinbar scheint.
Die Ringvorlesung verfolgt die Frage, wie sich Autorschaft, Subjektivität und Vorgänge der massenhaften Verbreitung zueinander verhalten.
Der amerikanische Maler Phillip Guston bemerkte in einer Diskussion: „Painting and sculpture are very archaic forms. It’s the only thing left in our industrial society where an individual alone can make something with not just his own hands, but brains, imagination, heart maybe.“ Zählt es also auch heute noch zu den entscheidenden gesellschaftlichen Funktionen von Kunst, Subjektivität zu behaupten? Wie stellt sich Subjektivität in historischen Beispielen dar? Wie situieren sich einzelne Werke, die man geneigt ist, als Schlüsselwerke der Kunstgeschichte anzusehen, vor diesem Hintergrund?
Im Rahmen der Ringvorlesung gehen Experten aus den Bereichen Kunst-, Musik-, und Literatur- und Filmwissenschaft ausgehend von einzelnen Werken oder Werkgruppen auf diese Fragen ein.
Raimar Stange lebt als „freier“ Kunstpublizist und Kurator in (Ost)Berlin. Seine Arbeitsschwerpunkte sind derzeit Popkultur, artistischer Aktivismus und Klimakatastrophe. Er schreibt regelmäßig u. a. für Frieze d/e, Berlin; ArtReview, London; Kunst-Bulletin, Zürich; Camera Austria, Graz. Zahlreiche Katalogtexte u.a. für Künstler wie Peter Friedl, Candice Breitz, Thomas Hirschhorn, Silke Wagner.
Anhand ausgewählter Werkbeispielen aus dem Oeuvre von Candice Breitz wird Raimar Stange die Möglichkeiten, aber auch die Begrenzungen einer massenkulturellen und dennoch subjektiven Strategie aufzeigen. Dabei werden auch die Arbeitsmodalitäten der Künstlerin deutlich werden. Die Videokünstlerin Candice Breitz untersucht in ihren Arbeiten immer wieder die Bedingungen, unter denen sich die Postmoderne Identität versucht zu gestalten. Dabei spielt die Figur des Fans oftmals eine zentrale Rolle, ist doch der Fan jemand, der nicht nur durch eine intensive Nutzung von Pop-Kultur charakterisiert ist, sondern auch jemand, der diese Nutzung in Form von Identifikationen zudem für seine gewissermaßen „auktoriale“ Konstruktion von Identität einsetzt.
weitere Termine der Ringvorlesung:
17.03.2015: Dr Lutz-Penning Pietsch: „Die ,Marseillaise der expressionistischen Rebellion‘: Jakob van Hoddis’ Gedicht Weltende (1911)“
24.03.2015: Prof Dr Maren Lehmann: „Schöpferische Zerstörung“
31.03.2015: Prof Dr Gottfried Boehm: „Fragilität der Originale“
14.04.2015: Dr Thorsten Philipp: „Nur Spiel, kein Ziel: Postmoderne Ästhetik der Oberfläche in Umberto Ecos ,Il nome della rosa‘“
28.04.2015: Prof Dr Schmidt-Wulffen: „,Alle Künstler sind Menschen‘. Kippenberger entwirft Kippenberger“
05.05.2015: Prof Dr Karen van den Berg: abschließende Sitzung
Die Anmeldung für diese Veranstaltung ist nicht mehr möglich.