Friedrichshafen. Die Spitzenpositionen öffentlicher Unternehmen bleiben wie in der Privatwirtschaft in Baden-Württemberg weiterhin eine Männerdomäne – Frauen bleiben dort weiter deutlich unterrepräsentiert. Mit einem Anteil von gerade einmal 17,1 Prozent besetzen baden-württembergische kommunale Unternehmen im Schnitt nur jede sechste Führungsstelle mit einer Frau. Im Vergleich aller 16 Bundesländer mit einem Durchschnittswert von 19,7 Prozent liegt Baden-Württemberg damit seit Jahren auf dem 11. Platz. Im bundesweiten Schnitt ist ein marginaler Anstieg von 0,4 Prozentpunkten bei Frauen in Top-Managementpositionen öffentlicher Unternehmen festzustellen, jedoch mit erheblichen Entwicklungsunterschieden im Städtevergleich. Vakante Positionen wurden zu 78 Prozent durch einen Mann neu besetzt, nur bei 22 Prozent durch eine Frau. Dies geht aus einer aktuellen Studie der Zeppelin Universität (ZU) hervor.
„Besonders bemerkenswert ist, dass in einigen Städten Anstiege bei der Repräsentation erreicht wurden, in vielen weiteren die Repräsentation aber stagniert oder sogar zurückgegangen ist“, resümiert Professor Dr. Ulf Papenfuß, Inhaber des Lehrstuhls für Public Management & Public Policy an der ZU. „Das Bundeskabinett hat am 8. Juli eine ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie beschlossen, gerade für öffentliche Unternehmen ist die öffentliche Hand gehalten, durch konkrete Maßnahmen ihre gesellschaftspolitische Vorbildfunktion und ihre Einflussmöglichkeiten als Eigentümerin wahrzunehmen“, sagt Papenfuß.
Den aktuellen Status quo bei der Entwicklung der Repräsentation von Frauen in öffentlichen Unternehmen haben Papenfuß und sein Forscherteam mit der vom Zentrum für Management und Personalberatung in Bonn geförderten Studie nun erneut untersucht. Im März und April haben sie in allen 16 Bundesländern die Daten von 69 Städten und 1.469 Unternehmen mit 2.200 Führungskräften auf Frauen in leitenden Organen wie Geschäftsführung, Geschäftsleitung und Vorstand durchleuchtet. Einbezogen waren neben den Landeshauptstädten und den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen auch die jeweils vier größten Städte der Länder. Das Forscherteam richtete dabei den Blick auf insgesamt 20 Branchen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, wie etwa Abfallwirtschaft, Krankenhäuser, Messen, öffentlicher Personennahverkehr, Sozialeinrichtungen oder Stadtwerke.
Den höchsten Anteil an Frauen im Top-Management erreichten abermals die Städte ostdeutscher Bundesländer: in Brandenburg (22,5 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (23,4 Prozent), Thüringen und Sachsen (je 24,7 Prozent). Während auch die Stadtstaaten Berlin (35,7 Prozent) und Bremen (24,7 Prozent) ihre Spitzenpositionen beibehalten, bilden die Städte in Niedersachsen (13,0 Prozent) vor Schleswig-Holstein (10,4 Prozent) und Rheinland-Pfalz (10,3 Prozent) die Schlusslichter.
In der Studie der 69 untersuchten Städte belegt von den baden-württembergischen Städten wie in den Vorjahren Freiburg mit einem Anteil von 33,3 Prozent einen Platz an der Spitze und Karlsruhe mit 21,9 Prozent einen Platz in der oberen Hälfte. Mannheim findet sich mit 18,4 Prozent im Mittelfeld wieder, wohingegen Stuttgart (8,8 Prozent) und Heidelberg (0 Prozent) mit unterdurchschnittlichen Anteilen im Vergleich deutlich abgeschlagen sind. Unverändert im Vergleich zum Vorjahr ist Offenbach am Main mit mehr als 50 Prozent die Stadt mit dem höchsten Anteil. Insgesamt gestaltet sich die Entwicklung der Repräsentation von Frauen in Top-Managementorganen zwischen den Städten sehr unterschiedlich, mit einer zunehmenden Spreizung zwischen Gebietskörperschaften hoher und sehr niedriger Frauenrepräsentationen.
„Neben vielen weiteren Maßnahmen sollte in allen Gebietskörperschaften in diesem Kontext auch das Thema Public Corporate Governance Kodex auf die Tagesordnung von allen Stadt- und Gemeinderäten beziehungsweise entsprechenden politischen Organen gesetzt werden“, resümiert Papenfuß. „Wie im Deutschen Public Corporate Governance-Musterkodex der Expertenkommission sollte in allen Public Corporate Governance Kodizes vor Ort formuliert sein, dass das Top-Management auch für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb der Unternehmensspitze Zielgrößen festlegen und jährlich darüber auf der Unternehmenshomepage berichten soll.“
Die vollständige Studie zum Nachlesen unter puma.zu.de