Nach dem Bachelorstudium in „Corporate Management and Economics“ an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen und an der Fairleigh Dickinson University in Vancouver wechselte Julian Stahl zum Masterstudium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an die Universität der Künste nach Berlin. Seit 2016 verantwortet er den Aufbau einer eigenen Digitalsparte bei PODIUM Esslingen.
Im Zentrum seines Forschungsinteresses stehen Kulturorganisationen im Kontext aktueller Transformationsprozesse, aus der Perspektive von Organisationstheorie und Kulturmanagement. Anfang 2022 ist er als visiting PhD zu Gast am Department of Management, Politics and Philosophy an der Copenhagen Business School in Kopenhagen. Seit Oktober 2019 ist Julian Stahl Promotionsstipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes.
Die Organisation von Kulturorganisationen wird bisher maßgeblich mit Blick auf Mechanismen der Reduktion von Komplexität beschrieben. Es geht dann vor allem darum, mit Hilfe unterschiedlicher Instrumente der Kontrolle und des betriebswirtschaftlichen Managements die vorherrschende Unsicherheit und das ‚künstlerische Chaos‘ unter Kontrolle zu bringen. Man kann sich dann entweder auf eine Vielzahl von Handbüchern zum Projektmanagement, zur Budgetplanung, etc. konzentrieren oder sich Ansätze zum Management unter Unsicherheit anschauen. So ließe sich dann beispielsweise Karl Weicks und Kathleen Sutcliffes „Managing the Unexpected“ (2007) zu Rate ziehen, um Kulturorganisationen daraufhin zu untersuchen, welche Mechanismen und Taktiken sie entwickelt haben, um die Dynamik künstlerischer Produktionen zu organisieren. Und auch wenn sich aus beiden Blickwinkeln spezifische Aspekte der Organisation von Kulturorganisation beobachten lassen, bleibt das Bild unvollständig.
Ein wesentlicher Teil der Organisation (nicht nur) von Kulturorganisationen, so die Vermutung, hat einen anderen Bezug zur Unbestimmtheit und Unbestimmbarkeit der Zukunft. Die offene Zukunft wird dabei nicht zum Unerwarteten, das es zu managen (also zu kontrollieren) gilt, sondern zur Quelle von Neuem. Organisation steht dann nicht nur auf der Seite der Stabilität und Rationalisierungsversuche, sondern versucht der Offenheit, Unplan- und Unprognostizierbarkeit der Zukunft Rechnung zu tragen. Das wird mit Blick auf Kulturorganisationen nicht nur vor dem Hintergrund aktueller tiefgreifender gesellschaftlicher Wandlungsprozesse sichtbar, auch das Organisieren künstlerischer Arbeit, so lässt sich vermuten, versucht sich immer wieder der Festlegung zu entziehen, um den künstlerischen Produktionsprozess möglichst lange offen zu halten. Das Promotionsprojekt untersucht ausgehend von Fallstudien in zwei Produktionshäusern der freien darstellenden Künste dieses Spannungsfeld aus Stabilität und Potentialisierung (Pors & Andersen 2019) in der Organisation künstlerischer Arbeit. Der Fokus liegt dabei auf der Rolle der Organisation selbst, da diese, mit Dirk Baecker gesprochen, nach wie vor nur wenig in der „Zuspitzung untersucht wird, die wir uns wünschen müssen, wenn es darum geht, sich anzuschauen, worin die Eigenarten der organisierten Arbeit im Kunst- und Kulturbereich bestehen“ (2009). So wird immer wieder kritisiert, dass der Schwerpunkt in der Betrachtung von Organisationen im Kulturbereich sehr stark auf betriebswirtschaftlichen, handlungsanweisenden, managerialen Perspektiven liege, mit der Konsequenz eines bisher nur geringen Verständnisses für die organisationale Komplexität (Kirchberg 2018; Paquette 2019; van den Berg 2009).
Julian Stahl (2021): Organisieren von Kunst – Ein Seitenblick in die Organisationstheorie. In Christian Steinau, Christina Kockerd und Johanna Vocht (Hrsg.), Staging the Lab. Schriftenreihe des Cultural Policy Labs 1. Zur Publikation