Gespräch mit Raoul Schrott
Nie wurde der Kreativitätsbegriff so inflationär verwendet wie heute; von kreativen Städten, kreativen Industrien, kreativen Klassen und einem allgegenwärtigen Kreativimperativ ist die Rede. Immer mehr Diagnosen besagen, dass wir in einem Zeitalter beinahe zwanghafter Massenkreativität leben. Ein solches Selbstverständnis zieht auch eine andere Perspektive auf die Kunstgeschichte nach sich, denn damit verschiebt sich die Bedeutung, die einzelnen Werken und ihren Schöpfern beigemessen wird. Längst sind Begriffe wie „Meisterschaft“, „Schöpfer“ und „Genie“ suspekt geworden. Meist werden sie einer konservativ-bildungsbürgerlichen Sphäre zugerechnet, die mit den emanzipatorischen Idealen einer pluralistischen Gesellschaft nur schwer vereinbar scheint.
Die Ringvorlesung verfolgt die Frage, wie sich Autorschaft, Subjektivität und Vorgänge der massenhaften Verbreitung zueinander verhalten.
Der amerikanische Maler Phillip Guston bemerkte in einer Diskussion: „Painting and sculpture are very archaic forms. It’s the only thing left in our industrial society where an individual alone can make something with not just his own hands, but brains, imagination, heart maybe.“ Zählt es also auch heute noch zu den entscheidenden gesellschaftlichen Funktionen von Kunst, Subjektivität zu behaupten? Wie stellt sich Subjektivität in historischen Beispielen dar? Wie situieren sich einzelne Werke, die man geneigt ist, als Schlüsselwerke der Kunstgeschichte anzusehen, vor diesem Hintergrund?
Im Rahmen der Ringvorlesung gehen Experten aus den Bereichen Kunst-, Musik-, und Literatur- und Filmwissenschaft ausgehend von einzelnen Werken oder Werkgruppen auf diese Fragen ein.
Raoul Schrott ist Schriftsteller, geboren 1964, und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Er veröffentlicht Gedichte, Romane, Erzählungen, Essays, Übersetzungen und literaturwissenschaftliche Arbeiten; zuletzt bei Hanser erschienen:" Hesiod -Theogonie", Übersetzung samt einem Essay zum Kulturtransfer von Ost nach West, 1014; "Das Schweigende Kind" – Erzählung, 2013; zusammen mit dem Hirnforscher Arthur Jacobs "Gehirn und Gedicht – Wie wir unsere Wirklichkeiten konstruieren", 2012.
weitere Termine der Ringvorlesung:
24.02.2015: Dr Joachim Landkammer: „Die Die Komposition als ,Opfer der Persönlichkeit‘ - Atonale Musik ohne Autor?“
03.03.2015: Raimar Stange: „FANtastische Kunst?“
17.03.2015: Dr Lutz-Penning Pietsch: „Die ,Marseillaise der expressionistischen Rebellion‘: Jakob van Hoddis’ Gedicht Weltende (1911)“
24.03.2015: Prof Dr Maren Lehmann: „Schöpferische Zerstörung“
31.03.2015: Prof Dr Gottfried Boehm: „Fragilität der Originale“
14.04.2015: Dr Thorsten Philipp: „Nur Spiel, kein Ziel: Postmoderne Ästhetik der Oberfläche in Umberto Ecos ,Il nome della rosa‘“
28.04.2015: Prof Dr Schmidt-Wulffen: „,Alle Künstler sind Menschen‘. Kippenberger entwirft Kippenberger“
05.05.2015: Prof Dr Karen van den Berg: abschließende Sitzung
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