Apr 202127Di
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19.15 Uhr – 20.45 Uhr
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Ringvorlesung | Apokalypse und Weltrettung | Prof Dr Kirsten Kramer (Bielefeld)

Ringvorlesung | Apokalypse und Weltrettung | Prof Dr Kirsten Kramer (Bielefeld)


Apokalypse und Anthropozän. Überlegungen zur Weltwahrnehmung in Lars von Triers Melancholia

Die Apokalyptik bezeichnet Visionen des katastrophischen Endes oder Untergangs der Welt, beinhaltet in der jüdisch-christlichen Tradition jedoch zugleich die Vorstellung der Offenbarung eines Neubeginns in geschichtlicher Immanenz oder außerhistorischer Transzendenz. Neuerdings werden die katastrophischen Endzeitvisionen vielfach mit Beschreibungen des Anthropozäns enggeführt, das die Bedrohung der Erde durch den Klimawandel, den Verlust der biologischen Artenvielfalt oder das Schwinden natürlicher Ressourcen bezeichnet. Zugleich ist das Konzept des Anthropozäns jedoch zu einer komplexen kulturanthropologischen Reflexionsfigur avanciert, die nicht nur auf ein nicht-lineares Zeitverständnis diesseits teleologischer Erwartungen verweist (D. Chakrabarty, A. Ghosh), sondern zudem in engem Zusammenhang mit der modernen Ästhetik des Erhabenen (B. Latour) steht, deren historische Transformationen in komplexer Weise auf die Emergenz neuartiger Formen geosozialer agency sowie neuer Wissens-, und Erfahrungsmodelle bezogen sind, in denen sich (vielfach im Anschluss an vormoderne oder frühneuzeitliche Arten des Weltbezugs) eine für die Gegenwart spezifische Weltwahrnehmung artikuliert.
Diese Wechselbeziehung zwischen apokalyptischer Weltsicht und produktiver Reflexion auf das Zeitalter des Anthropozäns wird auch in Lars von Triers Filmdrama Melancholia (2011) sichtbar. Ausgehend von den Referenzen auf das biblische Referenzmodell wird der Vortrag den filmischen Ausprägungsformen apokalyptischer Endzeitszenarien nachgehen; es wird dabei zu zeigen sein, dass der Film als ganzer eine kulturgeschichtliche Genealogie der Apokalyptik entwirft, die gerade im Rekurs auf die Ästhetik des Sublimen ein eminent reflexives Potenzial im Hinblick auf die Entstehungsbedingungen des Anthropozäns und die Emergenz neuer Modelle des Weltwissens und der Weltwahrnehmung entfaltet.


Kirsten Kramer ist Professorin für Vergleichende Literaturwissenschaft/Romanistik an der Universität Bielefeld. Sie forscht seit einigen Jahren zum Bereich ‚Literatur und Globalisierung‘, ist Mitherausgeberin der Schriftenreihe Global Poetics und arbeitet z.Z. im Rahmen eines BMBF-Projekts an einer Monographie zum Thema Geo-Imaginaries in Literature and Film, die sich mit lateinamerikanischen Repräsentationen der Pampa und Natur in der Moderne und unter den Bedingungen des Anthropozäns befasst.


Zugang zur Vorlesung erhalten Sie hier.  

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