Civil Democracy: Was Klimawandel, Migration und Populismus mit Christentum und Sozialstruktur zu tun haben - und was wir tun können
"Wir müssen lernen, lange zu schweigen, um einmal reden zu können." Im Wissenschaftssystem wissen wir heute alle, wie karrieretechnisch suizidal es ist, diesem Wort des Rabbiners und Religionsphilosophen Abraham Joshua Heschel zu sehr zuzuhören. Ich habe es dennoch getan, und deshalb freut es mich besonders, dass mich im Sommer die Zeppelin-Universität gebeten hat, die vakante Soziologieprofessur bis zu ihrer Besetzung zu vertreten.
Mit den Ergebnissen dieser Arbeit möchte mich am Ende meines ersten (und vor Anfang meines letzten) Semesters an der Zeppelin Universität einladen zum Öffentlichen Vortrag im Rahmen meiner Veranstaltung "Sozialer Wandel und soziale Bewegungen"
Civil Democracy: Was Klimawandel, Migration und Populismus mit Christentum (und Sozialstruktur) zu tun haben - und was wir tun können
Dienstag, den 27. November 2018, 12:30-13:30
im Alfred Colsman Forum der Zeppelin Universität, Am Fallenbrunnen 3, Friedrichshafen
Anfang des 21. Jahrhunderts sieht sich die Weltgesellschaft Problemen gegenüber, die an die Probleme der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erinnern. Ist das ein Zufall? Wie kann man diese Probleme bewältigen? Diese Frage verweist auf die Suche nach Handlungsfähigkeit, mithin auf Kausalitäten, und also auf Modelle. Ein solches Modell präsentiert der Vortrag.
Stellen wir uns einmal vor, das Spezifikum des westlichen Christentums wäre gewesen, Menschen zu ermöglichen, in partitionierenden und hierarchisch strukturierten Gruppen unter nicht-hierarchischen institutionellen Dächern zu agieren. Ein solches Modell erlaubt, den Aufstieg Europas zu verstehen, die spezielle Autonomie europäischer Städte, und die Industriegesellschaft. Es erlaubt auch, abzuleiten, dass sich in Europa die Modernisierung von Institutionen in zwei Schritten vollzieht, mit tatsächlich zwei Phasen gesellschaftlicher Probleme, während der Rest der Welt nur die zweite Modernisierungskrise durchlebt, also gewissermassen ‚1939‘ und ‚1968‘ gleichzeitig verarbeiten muss. Die westlichen Institutionen waren nach 1945 so beeindruckend, dass sie sich über die ganze Welt ausgebreitet haben und auch die globalen Institutionen nach dem westlichen Modell geformt wurden – so dass die Probleme dieses Modells nun auch die ganze Welt umfassen. Klimawandel, Migration und Populismus sind so tatsächlich aus einer gemeinsamen Quelle erklärbar.
Die aus diesem Modell ableitbare Aufgabe lautet also, institutionelle Settings zu definieren, die die Leistungen der Industriegesellschaft für eine individualisierte Gesellschaft ohne fixe Gruppenzuordnungen ermöglichen. Und, nicht weniger wichtig und nicht weniger bedürftig wissenschaftlicher Analyse, wie sich solche Settings umsetzen lassen, die systemisch und von daher nicht unilateral durch politische Akteure umsetzbar sind.
Hanno Scholtz erwarb die Venia legendi in Soziologie an der Universität Zürich, ein Doktorat in Politikwissenschaft an der FU Berlin und ein Diplom in Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. Er vertritt im Herbstsemester 2018 die vakante Professur für Soziologie an der Zeppelin Universität.
Die Anmeldung für diese Veranstaltung ist nicht mehr möglich.