Sie galten als die heimlichen Herrscher des US-Wahlkampfes: Bots. Im Netz verbreiteten die kleinen Computerprogramme rasend schnell täuschend echte Botschaften oder jubelten gezielt bestimmten Parteien zu. Zur nahenden Bundestagswahl sollen die Online-Meinungsmacher in Deutschland keine Rolle spielen, waren sich nahezu alle Parteien rasch einig. Doch mischen Roboter nicht schon längst bei der digitalen Meinungsmache mit? Das legt ein Forschungsprojekt von Studierenden eines Masterseminars nahe. Gemeinsam mit Prof. Dr. Ulrike Klinger, Vertretungsprofessorin für Digitale Kommunikation, haben sie die Twitter-Kanäle zweier bekannter deutscher Politikerinnen untersucht. Ihr Ergebnis: Extern gesteuerte Software ist als Akteur in der politischen Kommunikation bereits auch mitten in Deutschland angekommen.
Fast harmlos wirkt der Begriff „Bot“, der vom englischen „Web Robot“ abstammt. Doch tatsächlich beschreiben die drei Buchstaben Software-Roboter, die vor allem in sozialen Netzwerken agieren und dort menschliches Verhalten imitieren, um so auf potentiell manipulative Weise mit Menschen zu interagieren. „Einmal programmiert und auf Kurs gebracht, folgen, posten und kommentieren sie unermüdlich und können so möglicherweise auch die öffentliche Meinung beeinflussen“, erklärt Klinger. Wie stark der Einsatz solcher Programme polarisiert, zeigte erst kürzlich ihr Einsatz im US-Wahlkampf. Millionen digitaler Wahlkampfhelfer sollen dort unterwegs gewesen sein: Denn Bots können massenhaft käuflich erworben und mit wenig Vorarbeit dazu genutzt werden, das öffentliche Meinungsbild in Wahlkämpfen, aber auch darüber hinaus zu verzerren.
Mit Blick auf die nahende Bundestagswahl Grund genug, das Thema auch wissenschaftlich ausführlich zu behandeln. Gemeinsam mit zwölf Masterstudierenden widmete sich Klinger über ein Semester lang aktuellen Fragestellungen der politischen Kommunikation und thematisierte dabei auch die Rolle von Bots. Doch wie ein Phänomen erforschen, dass sich mit einfachem Hinschauen kaum erkennen lässt?