Editorial
"In dieser offenen Ausgabe der zfwu, die wir nun zum siebten Mal unter dem Titel ›Wirtschaftsethische Topologie – Reflexion und Exploration‹ veröffentlichen, haben wir eine Reihe sehr spannender Artikel zusammengestellt. Das Spektrum reicht von grundlegenden theoretischen Texten bis hin zu Beiträgen, die den Blick auf die gesellschaftliche Praxis des Wirtschaftens werfen.
Der erste Beitrag von Norman Meisinger (Friedrichshafen) beschäftigt sich mit der grundlegenden Frage Why Do Firms Exist? Eine theorieintegrative Konzeption ihrer Erstursachen. Der Autor untersucht die (Erst-)Ursachen, die Bedingungen und die Mechanismen des Zustandekommens von Unternehmen und versucht, die Vielschichtigkeit der Debatten unterschiedlicher Disziplinen wie etwa der Organisations- oder Managementtheorie zu integrieren. Ausgehend von der Beobachtung, dass die Existenz der ›firm-like Organization‹ für gewöhnlich erstens monokausal erklärt wird und dabei zweitens nicht konsequent zwischen Entstehung und Entwicklung unterschieden wird, erarbeitet der Autor in innovativer Weise unter Rückgriff auf die Ursachenlehre nach Aristoteles (materialis, formalis, finalis, efficiens) ein Modell, das bislang separat erforschte Ansätze der Organisationswissenschaft miteinander in Beziehung setzen und sie so in einen größeren Zusammenhang stellen will. Das führt zu einer neuartigen Methodologie, welche interessante Einsichten in den Untersuchungsgegenstand zulässt." ...
(Herausgeber: Prof. Dr. Dr. Alexander Brink, Universität Bayreuth | PD Dr. Bettina Hollstein, Universität Erfurt)
Abstract (De | En)
Erklärungsansätze für die Existenz der ›firm-like Organization‹ werden nicht selten monokausal ausgeführt. Entweder ist der Sachverhalt zu komplex, um ihn mit einer Argumentationsfigur zusammenhängend – und seiner Vielseitigkeit angemessen – einzukreisen oder es fehlte bislang ein adäquates Modell, es systematisch tun zu können. Unter Rückgriff auf die Ursachenlehre nach Aristoteles nähert sich der vorliegende Artikel dieser Lücke theorieintegrativ. Mit den vier Erstursachen, der causa materialis (den Bestandteilen, hier in sozioökonomischer Lesart), der causa formalis (der Form), der causa finalis (dem eigentlichen Zweck einer Sache) und der causa efficiens (dem in Gang Setzenden) werden unternehmenstheoretische Erkenntnisse jahrzehntelanger Management- und Organisationsforschung in eine konsistente Argumentationsfigur überführt. Schließlich wird die neu entwickelte unternehmenstheoretische Konzeption auf ihre Kompatibilität zu gegenwärtigen betriebspraktischen Entwicklungstendenzen überprüft – konkret der zunehmenden Maschinisierung der Arbeitswelt.
Approaches to the theory of the firm’s existence are often carried out monocausally. Either the issue is too complicated to be coherently and adequately encompassed, or so far there has been a lack of an appropriate model for doing so systematically. With recourse to Aristotle’s four causes, this article approximates this gap theory-integratively. The four causes, namely the causa materialis (the components, in a socio-economic interpretation), the causa formalis (the particular form), the causa finalis (the very purpose of a thing), and the causa efficiens (what brings in motion) transform decades of management and organization research into a consistent argumentation. The essay concludes with a brief outlook on the compatibility of the elaborated conceptual view of the firm and recent developments in business practices – specifically the increasing machinization of industrial work.
Keywords (De | En)
Unternehmenstheorie, Existenzursachen, Ursachenlehre, Aristoteles
Theory of the Firm, Causes of Existence, Four Causes, Aristotle
Meisinger, N. (2020). Why Do Firms Exist? Eine theorieintegrative Konzeption ihrer Erstursachen. zfwu – Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik, 21 (1), 5–33. DOI: 10.5771/1439-880X-2020-1-5